Die häufigsten Fragen zu Multipler Sklerose

Was ist Multiple Sklerose?

Multiple Sklerose ist eine neurologische Erkrankung, bei der es zu entzündlichen Veränderungen in Teilen des zentralen Nervensystems (Gehirn und Rückenmark) kommt. Sie tritt meist zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr auf, wobei Frauen etwa doppelt so häufig betroffen sind wie Männer.

Nach dem derzeitigen Stand der Forschung handelt es sich bei Multipler Sklerose um eine Autoimmunerkrankung. Das bedeutet, dass das eigene Immunsystem, dessen eigentliche Aufgabe die Abwehr von Infektionen darstellt, fälschlicherweise gegen bestimmte Strukturen des eigenen Nervensystems gerichtet ist. Vor allem Bestandteile der sogenannten „weißen Substanz“ des Gehirns und des Rückenmarks, die als Myelinscheiden bezeichnet werden, stellen Angriffspunkte für die fehlgeleitete Entzündungsreaktion dar. Diese Myelinscheiden dienen als Isolationsschicht um die Nervenzellfortsätze (Axone), über die im gesamten Nervensystem Informationen übertragen werden. Eine Verletzung dieser Isolationsschicht behindert die Informationsübertragung, wodurch die klinischen, von Betroffenen bemerkten Störungen entstehen.

> Über Multiple Sklerose

Welche Formen der MS gibt es, wie verlaufen sie?

Man unterscheidet schubförmige und progrediente Verläufe. Als schubförmige Multiple Sklerose bezeichnet man Verlaufsformen, bei denen es zu plötzlichem, schubhaftem Auftreten von neurologischen Symptomen kommt, die sich nach Tagen bis Wochen wieder weitgehend zurückbilden. Bei etwa 75% der Betroffenen beginnt die Erkrankung mit einem schubförmigen Verlauf. Etwa 60% der zunächst schubförmigen Patienten zeigen nach einem Verlauf von mehreren Jahrzehnten progrediente Verschlechterungen. Dabei kommt es zu langsam zunehmenden neurologischen Ausfällen ohne Verbesserungen. Falls zunächst ein schubförmiger Verlauf bestanden hat, spricht man von einer sekundär progredienten Verlaufsform.

Bei etwa 10 bis 20% der Betroffenen fehlen Krankheitsschübe und es kommt von Beginn der Erkrankung an zu einer langsam fortschreitenden Zunahme der neurologischen Symptomatik ohne nachfolgende Besserung. Diese Verlaufsform wird als primär progredient bezeichnet.

> Verlaufsformen der MS

Ist Multiple Sklerose heilbar?

Nach unserem derzeitigen Erkenntnisstand lässt sich die Multiple Sklerose nicht heilen. In den letzten Jahren wurde aber eine Reihe von Medikamenten entwickelt, welche die Häufigkeit der schubförmigen Verschlechterungen reduzieren und die Zunahme der bleibenden neurologischen Ausfälle verzögern können.

Ist Multiple Sklerose tödlich?

Die Multiple Sklerose beeinflusst die Lebenserwartung nur minimal. In mehreren Untersuchungen waren 25 Jahre nach Ausbruch der Erkrankung noch über 75% der Patienten am Leben.

Was passiert bei einem Schub in meinem Körper, wodurch wird er ausgelöst?

Unter einem Schub versteht man eine bei sonstiger Gesundheit (kein Fieber!) meist über einige Tage zunehmende, gelegentlich auch plötzlich auftretende Verschlechterung der neurologischen Symptomatik, die wenigstens 24 Stunden anhält. Ein Schub ist das klinische Zeichen einer neuen oder sich ausdehnenden Entzündung im Nervensystem. Zumeist besteht kein Grund zur A ufregung, da die Ausfälle eher gering sind. Sie sollten jedoch innerhalb von einigen Tagen Ihren Arzt kontaktieren.

Gelegentlich wird Ihre Neurolgin bzw. Ihr Neurologe bei der Untersuchung keine eindeutige Verschlechterung feststellen können. Trotzdem sollten schubhafte Verschlechterungen mit Kortisoninfusionen über einige Tage behandelt werden. Diese Infusionen werden durchwegs gut vertragen. Am häufigsten wird über Schlafstörungen und emotionale Labilität berichtet.

Wie häufig können Schübe auftreten und wie lange dauern sie?

Die meisten Patienten erleiden weniger als einmal pro Jahr einen Schub. Schübe können aber auch häufiger auftreten. Normalerweise dauert es einige Wochen, bis die Symptome wieder vollständig zum Abklingen kommen.

Muss es für einen Schub immer einen Auslöser geben?

Nein, im Gegenteil, meiste lässt sich ein Auslöser eines Schubs nicht genau definieren.

Kann auch positiver Stress einen Schub auslösen?

Ein Zusammenhang zwischen Stress und Auslösung eines Schubs wird oft diskutiert, konnte bis jetzt aber noch nie eindeutig dokumentiert werden.

> Stress bei MS

Tritt der Schub zeitversetzt vom Auslöser auf (z.B. Grippe), oder sofort?

Genaue wissenschaftliche Untersuchungen liegen dazu nicht vor. Schübe können durchaus auch einige Tage nach Beendigung eines grippalen Infektes auftreten.

Welche Medikamente gibt es zur Langzeitbehandlung der Multiplen Sklerose und welche Nebenwirkungen haben sie?

Es gibt heute eine Reihe von Möglichkeiten, Multiple Sklerose zu behandeln, um die Erkrankung zu stoppen und Beschwerden, die den Alltag beeinträchtigen, zu lindern. Die Entscheidung, welche Substanz individuell zum Einsatz kommt, ist Teil der ärztlichen Beratung und hängt im Wesentlichen von drei Faktoren ab: Wirksamkeit, Sicherheit und Verträglichkeit.

> Therapieformen

Was ist der EDSS-Score und was sagt er aus?

Der EDSS-Score (expanded disability status scale – „erweiterte Skala zur Erfassung der Behinderung“) ist die bekannteste Skala, um die durch die Multiple Sklerose entstandene Behinderung zu erfassen. Sie umfasst 10 Stufen und beschreibt über weite Abschnitte vorwiegend die durch die Erkrankung verursachte Behinderung der Mobilität:

0.0 bis 3.5: uneingeschränkt gehfähig
4.0 bis 6.5: zunehmende Einschränkung der Gehstrecke
7.0 und 7.5: an den Rollstuhl angewiesen
8.0 bis 9.5: bettlägrig
10.0 : Tod durch MS*)

*) Obwohl MS nicht tödlich ist und die Lebenserwartung von Menschen mit MS nur geringfügig kürzer ist, als jene der Durchschnittsbevölkerung, sieht diese Skala zur Erfassung von Behinderungen eine Stufe 10 „Tod durch MS“ vor.

Leben mit MS

Warum habe gerade ich Multiple Sklerose bekommen?

Man kennt keine speziellen Gründe für den Ausbruch der Multiplen Sklerose – ein Umstand, der für Betroffene oft schwer zu akzeptieren ist. Die Erkrankung wird nicht vererbt. Auch wird sie – nach unserem heutigen Wissen – nicht durch eine Infektion hervorgerufen. Ebenso konnten keine anderen Umweltfaktoren als Ursache nachgewiesen werden. Oft wird von Betroffenen Stress als Grund für die Erkrankung vermutet. In wissenschaftlichen Untersuchungen konnten auch dafür keine Belege gefunden werden.

Welche Auswirkungen wird die Multiple Sklerose auf mein Leben (meine Gesundheit) haben?

Die Chancen, dass es durch die Multiple Sklerose nur zu einer relativ geringen Beeinträchtigung des Lebens und der Lebensqualität kommt, sind gut. Etwa ein Fünftel der Menschen mit MS ist auch nach 25 Jahren weitgehend beschwerdefrei. Man weiß aber, dass es leider doch bei vielen Personen im Verlauf ihrer Erkrankung zu bleibenden neurologischen Ausfällen, vor allem die Gehfähigkeit betreffend, kommen kann, die auch das tägliche Leben beeinträchtigen. Bei 50% der Betroffenen besteht nach acht Jahren eine mäßige Behinderung, nach 16 Jahren eine Abhängigkeit von einer Gehhilfe. Nach 26 Jahren benötigt etwa die Hälfte der Menchen mit MS einen Rollstuhl.

Diese Zahlen beziehen sich auf Untersuchungen an nicht behandelten Prsonen mit der Diagnose MS. Es ist zu hoffen, dass durch die Einführung der modernen Therapiemöglichkeiten das Ausmaß der bleibenden Behinderungen weiter reduziert werden kann.

Was kann ich tun, um möglichst lange ohne Beeinträchtigungen durch die Multiple Sklerose zu leben?

Der Verlauf der Multiplen Sklerose ist nicht gut vorhersehbar. Es ist wichtig, sich nicht allzu sehr von der Diagnose beeindrucken zu lassen. Letztlich ist alles gut, was auch sonst für ein gesundes Leben wichtig ist: ausgeglichene Ernährung, ausreichend Bewegung. Vor allem Bewegung und Freude an der Bewegung scheint wichtig, um möglichst lange gut mit der Erkrankung leben zu können. Prinzipiell besteht kein Einwand gegen vermehrte körperliche Anstrengung, so lange Sie das Gefühl haben, sie schadet Ihnen nicht.

Kann man Multiple Sklerose durch Ernährung beeinflussen?

Spezifische, die Multiple Sklerose beeinflussende Ernährungsprogramme gibt es nicht. Obwohl immer wieder behauptet wird, dass spezielle Diätformen, die vor allem die vermehrte Aufnahme ungesättigter Fettsäuren berücksichtigen, den Verlauf der Erkrankung positiv beeinflussen können, fehlt dafür ein eindeutiger wissenschaftlicher Beweis. Sinnvoll ist sicherlich eine ausgeglichene, vitaminreiche Ernährung.

> Ernährung bei MS

Werde ich einen Rollstuhl benötigen?

Natürlich besteht im Verlauf der Multiplen Sklerose die Gefahr, soweit in der Gehfähigkeit eingeschränkt zu sein, dass ein Rollstuhl zur weitgehenden Erhaltung der Mobilität sinnvoll ist. Man weiß aber, dass nach 25 Jahren etwa die Hälfte der Menschen mit MS keinen Rollstuhl benötigt. Neue medikamentöse Verfahren und rechtzeitige Physiotherapie (Heilgymnastik) werden diesen Anteil weiter verbessern.

Wie wird sich die Multiple Sklerose auf mein Berufsleben auswirken?

Die Multiple Sklerose sollte sich nicht wesentlich auf Ihr Berufsleben auswirken. Die Zahl Ihrer Krankenstandstage sollte sich nicht signifikant von denen Ihrer Kolleginnen und Kollegen unterscheiden. Im Falle von gesundheitlichen Problemen wird man versuchen, dass die notwendigen Behandlungen möglichst wenig mit Ihren beruflichen Verpflichtungen kollidieren. Ruhe ist eine sehr wichtige Behandlungsmaßnahme schubförmiger Verschlechterungen. Aus diesem Grund kann es im Falle eines Schubs in Ihrem Interesse sein, wenn man Ihnen empfiehlt, zu Hause zu bleiben, um sich auszukurieren.

> Beruf bei MS

Darf ich schwanger werden und Kinder bekommen, wenn ich an MS erkrankt bin?

Es gibt keine medizinischen Gründe, die gegen eine Schwangerschaft sprechen. In der Schwangerschaft ist eher eine Beruhigung der Erkrankung zu erwarten, im ersten Jahr nach der Geburt kann es wieder zu einem Aufflackern der Krankheit kommen. Diese Verschlechterungen sind aber meist ähnlich gut behandelbar wie sonstige Krankheitsschübe. Eine Verzögerung des Geburtsvorganges ist nur bei relevanter körperlicher Behinderung zu erwarten. Die Multiple Sklerose ist keine Erbkrankheit.

Bei Kinderwunsch sollten Sie auch die längerfristige Prognose der Krankheit berücksichtigen, da im Lauf der Jahrzehnte vermehrte neurologische Behinderungen möglich sind. Außerdem müssen Sie wissen, dass während der Schwangerschaft die meisten Therapien abgesetzt werden sollen, da man derzeit noch nicht weiß, ob sie eventuell Fehlbildungen beim Kind auslösen können.

Sind Impfungen bei MS schädlich, können sie eventuell einen Schub auslösen?

Es gibt keine einzige sichere wissenschaftliche Studie, die eindeutig zeigt, dass Impfungen Menschen mit Multipler Sklerose schaden. Wohl wird immer wieder von Menschen mit Multipler Sklerose berichtet, dass ihre Erkrankung nach einer Impfung erstmalig aufgetreten bzw. dass eine schubförmige Verschlechterung auftreten sei. Aus diesem Grund besteht eine Zurückhaltung, Impfungen uneingeschränkt zu empfehlen. Für jede Impfung ist eine individuelle Risikoabwägung angezeigt. In manchen Situationen kann die Immunität durch eine Antikörperbestimmung nachgewiesen werden.

Lediglich für die Grippeimpfung konnte gezeigt werden, dass das Risiko einer Verschlechterung der Multiplen Sklerose zwar zunimmt, jedoch das Risiko einer schubhaften Verschlechterung durch die Grippe wesentlich größer ist.

> Impfen bei MS

Darf ich mit MS Sport betreiben?

Sport auszuüben ist bei MS sogar sehr sinnvoll. Sie trainieren Ihre Muskeln und halten sich fit, dadurch können Sie sich zumeist auch nach einem Schub schneller wieder erholen.

> Körperliche Anstrengung bei MS

Was muss ich bei Urlaubsreisen beachten?

Urlaubsreisen zu allen denkbaren Zielen der Welt sind durchaus erlaubt. Zu beachten sind die vorgeschriebenen Impfungen. Dabei sollte mit einem Facharzt für Tropenmedizin die konkrete Gefährdung durch eine Infektion, verglichen zu den beschrieben Verschlechterungen nach Impfungen besprochen werden.

Zu beachten ist, dass manche Patienten Hitze schlecht vertragen und sich dann die neurologische Symptomatik durch hohe Außentemperaturen vorübergehend verschlechtern kann.

Weiters ist bei Fernreisen zu bedenken, dass manche Medikamente zur Behandlung der Multiplen Sklerose gekühlt gelagert werden müssen, was die Aufrechterhaltung einer Kühlkette erforderlich macht.

> Reisen bei MS

Sind Sonne bzw. Solarium erlaubt?

Sonne ist durchaus nicht schädlicher als für jeden anderen Menschen. Sie können auch ruhig braun werden, Sie sollten aber keinen Sonnenbrand bekommen. Verwenden Sie also Sonnencremes mit etwas höherem Sonnenschutzfaktor als üblicherweise.

Familie und Partnerschaft

Welche Auswirkungen wird die Krankheit auf mein privates Umfeld haben?

Das ist kaum vorherzusehen. Sie sollten sich aber durch die Diagnose Multiple Sklerose nicht allzu weit von Ihren ursprünglichen Lebensplänen abbringen lassen. Sicher ist auch, dass ein ehrlicher und realistischer Umgang mit der Erkrankung Ihnen, aber auch Ihrer Umgebung hilft, besser damit zurechtzukommen. Unter Umständen fällt es Ihnen als Betroffene/Betroffenem leichter, die neue Situation zu akzeptieren als Ihrer Umgebung. Manchmal ist es allerdings nicht einfach, ohne professionelle Hilfe das Leben wieder in geordnete Bahnen zu lenken. Sprechen Sie in diesem Fall Ihren behandelnden Neurologen oder einen spezialisierten Psychologen darauf an!

Besteht auch für meine Kinder Gefahr, an MS zu erkranken?

Die Multiple Sklerose wird nicht vererbt. Allerdings wird an die Nachkommen von MS-Betroffenen ein geringfügig höheres Risiko zu erkranken weitergegeben.

Wie soll ich meinen Angehörigen die Erkrankung erklären?

Leider wird uns nach unserem heutigen Wissen die Diagnose Multiple Sklerose ein Leben lang begleiten. Aus diesem Grund ist eine offene und ehrliche Auseinandersetzung mit der Erkrankung auf die Dauer nicht zu umgehen. Mit der Partnerin bzw. dem Partner, den Kindern aber auch mit anderen nahen Verwandten, etwa den Eltern, können und sollen die realen Auswirkungen dieser Diagnose, aber auch die Ängste und Befürchtungen besprochen werden. Es ist aber durchaus möglich, dass es für Sie zunächst nicht leicht ist, über diese Dinge zu sprechen. Fragen Sie Ihre behandelnde Neurologin bzw. den Neurologen oder auch in der Betreuung von MS-Betroffenen erfahrene Psychologinnen oder Psychologen. Diese können Ihnen helfen, mit diesen emotional belastenden Problemen umzugehen.

> Sozialberatung

> Psychotherapie