Therapieformen bei Multipler Sklerose

Zur verlaufsmodifizierenden Therapie der MS sind in Österreich Wirkstoffe zugelassen, die auf unterschiedlichen Prinzipien beruhen: Immunmodulation, Immunsuppression sowie Immunrekonstitution, die in Abhängigkeit vom Schweregrad der Erkrankung eingesetzt werden.

Weiße Tabletten auf grauem Tisch, Credit: James Yarema on Unsplash

Krankheitsmodifizierende (verlaufsmodifizierende Therapien) werden in die Therapie der leichten/moderaten und die Therapie der (hoch-)aktiven schubförmigen MS unterschieden. Im Gegensatz zur kurzfristigen Schubtherapie verfolgt die verlaufsmodifizierende Therapie das Ziel der langfristigen Behandlung der MS, um die Schwere und Häufigkeit der Schübe zu reduzieren und somit das Ausmaß der fortschreitenden Behinderung günstig zu beeinflussen.

Zur verlaufsmodifizierenden Therapie der MS sind in Österreich Wirkstoffe zugelassen, die auf zwei Prinzipien beruhen: der Immunmodulation und der Immunsuppression, die in Abhängigkeit vom Schweregrad der Erkrankung eingesetzt werden.

Mit der Immunmodulation kann die Immunantwort im Körper beeinflusst werden, indem beispielsweise therapeutisch eingesetzte Botenstoffe die Verständigung zwischen den Immunzellen beeinflussen. Die Balance zwischen immunstimulierenden und immundämpfenden Mechanismen kann von Immunmodulatoren hergestellt werden. Diese haben allerdings den Nachteil, dass sie das Immunsystem schwächen. Ihr Vorteil liegt darin, dass sie möglicherweise zum Wiederaufbau geschädigter Myelinhüllen beitragen können und Narben im Zentralen Nervensystem verhindern.

Bei der Immunsuppression handelt es sich sozusagen um eine milde Form der Chemotherapie, bei der die Funktion von Immunzellen vorsichtig unterdrückt wird oder einzelne Bestandteile des körpereigenen Abwehrsystems gehemmt werden.

Das Prinzip der Immunrekonstitution basiert auf einer zeitweisen Reduktion jener Zellen, die die Multiple Sklerose verursachen, gefolgt von einer Erholung dieser Zellen (Rekonstitution).

Schubtherapie

Der akute Schub sollte in der Regel mit Kortison behandelt werden. In den meisten MS-Zentren gilt die intravenöse Therapie mit 1 Gramm Methylprednisolon über drei bis fünf Tage als optimal.

Die Nebenwirkungen einer kurzzeitigen Therapie mit hochdosiertem Methylprednisolon sind moderat. Neben einer schlechten Magenverträglichkeit (der durch Medikamente vorgebeugt werden kann) treten manchmal Stimmungsschwankungen, Schlafstörungen und ein metallischer Geschmack im Mund auf.

Gefürchtete Kortison-Nebenwirkungen wie Gewichtszunahme, Abnahme der Knochendichte und Hautveränderungen treten nur im Rahmen einer Langzeittherapie auf.

Intervalltherapie

Das Ziel medikamentöser Behandlung bei MS ist, das Immunsystem so zu verändern, dass Entzündungen im Gehirn erst gar nicht entstehen. Mittlerweile gibt es eine Vielzahl an Medikamenten mit unterschiedlichen Wirkmechanismen und Wirkstärke, aber auch unterschiedlichen Anwendungsformen und Nebenwirkungen.

Basistherapien

Darunter versteht man Substanzen, die aufgrund ihres günstigen Nebenwirkungsprofils bereits am Beginn der Erkrankung eingesetzt werden.
Die Medikamente können eine signifikante Reduktion der Schübe (bis ca. 30%) und deren Auswirkungen bewirken.

Interferon-beta 1a (Avonex®)

6 MIU 1x/Woche, Spritze in den Muskel

Interferon-beta 1a (Rebif®)

6 MIU 3x/Woche oder 12 MIU 3x/Woche, Spritze unter die Haut

Pegyliertes Interferon-beta 1a (Plegridy®)

2x/Monat, Spritze unter die Haut

Interferon beta 1b (Betaferon®)

8 MIU jeden 2. Tag, Spritze unter die Haut

Wirkung:
Interferone wirken auf das Immunsystem modulierend und entzündungshemmend. Sie verringern sowohl die Schubrate als auch die Narbenbildungen im Gehirn.

Nebenwirkungen:
Interferone bewirken grippeähnliche Symptome unmittelbar nach den Injektionen. Diese können mit Gliederschmerzen, Schüttelfrost und Fieber einhergehen. Da empfohlen wird, die Injektionen am Abend zu verabreichen, sind diese Nebenwirkungen zumeist am nächsten Tag nicht mehr vorhanden. Ein weiteres Problem der Interferoninjektionen unter die Haut stellen rote Flecken, die sich an den Injektionsstellen entwickeln, dar. Diese können manchmal mehrere Tage bis Wochen bestehen bleiben und sind zumeist zwar kosmetisch störend, aber harmlos. Selten können sich aber aus diesen Flecken Nekrosen (Geschwüre) bilden, die dann sehr mühsam zu behandeln sein können.

Schwangerschaft und Stillzeit:
Falls klinisch erforderlich, kann die Anwendung von Betaferon während der Schwangerschaft in Betracht gezogen werden. Betaferon kann während der Stillzeit angewendet werden.

Glatirameracetat (Copaxone®)

20µg 1x täglich Spritze unter die Haut

Wirkung:
Glatirameracetat besitzt ähnlich den Interferonen eine immunmodulatorische Wirkung. Es wirkt ebenfalls schubreduzierend, auch eine Unterdrückung der Narbenbildung wurde nachgewiesen.

Nebenwirkungen:
Es kommt häufig zu Rötungen und gelegentlich auch zu Verhärtungen an den Injektionsstellen. Selten kann es zu einer sofortigen Reaktion nach der Injektion mit  Hitzewellen, Schweißausbruch, (sog. Flush-Syndrom), manchmal mit Gefühl der Brustenge, Atemnot und Herzklopfen und Angstgefühlen kommen. Diese Beschwerden sind kurzdauernd, vorübergehend und völlig ungefährlich.

Schwangerschaft und Stillzeit:
Die Therapie kann mit Eintritt der Schwngerschaft beendet werden; ein Fortführen kann bei aktiver MS erwogen werden (Nutzen/Risiko-Abwägung).
Es wird empfohlen die Therapie in der Stillzeit zu beenden.

Cladribin (Mavenclad®)

Cladribin ist eine Immunrekonstitutionstherapie in Tablettenform und seit 2017 für die Behandlung der schubförmig verlaufenden Form von Multipler Sklerose zugelassen. Cladribin wirkt durch eine reversible Verringerung der B- und T Zellen, die bei Multipler Sklerose eine große Rolle spielen. Der klinische Effekt von Cladribin hält über die Rückkehr der B- und T-Lymphozyten hinaus an. Das Medikament führt zu einer Reduktion der Schübe und kann zu einer Langzeitstabilisierung der Erkrankung führen.

Einnahme:
Cladribin wird in Form von Tabletten in insgesamt vier Behandlungszyklen über einen Zeitraum von zwei Jahren eingenommen. In beiden Jahren gibt es je zwei Behandlungszyklen von vier bis fünf Tagen im Abstand von einem Monat. In den Jahren drei und vier ist keine Therapie erforderlich.

Nebenwirkungen:
Nebenwirkungen, die bei der Einnahme von Cladribin in Studien auftraten, waren Kopfschmerzen und eine Verminderung der weißen Blutzellen. Diese Verminderung betrifft vor allem die Lymphozyten. Die Anzahl der weißen Blutzellen muss deshalb in regelmäßigen Abständen mit einem großen Blutbild bestimmt werden. Fällt die Zahl der Lymphozyten unter einen bestimmten Grenzwert, sollte keine Medikamentengabe erfolgen, bis sich die Werte wieder normalisiert haben.

Behandlungsdauer:
Die Behandlungsdauer mit Cladribin-Tabletten ist für zwei Jahre vorgesehen, mit anschließenden zwei Jahren ohne Therapieeinnahme. Die Langzeitdaten der Zulassungsstudie sprechen dafür, dass der Effekt zumindest tweilweise über einen Zeitraum von zwei weiteren Jahren anhält. Über diese Zeit hinaus liegen keine Daten vor.

Nutzen und Risiko der Einnahme müssen laufend überprüft werden. Ein Abschätzen des Nutzens ist oft frühestens nach einem Jahr möglich. Als Hinweise für eine Wirksamkeit werden allgemeine Schubfreiheit und das Fehlen neuer Herde in der MRT angesehen.

Cladribin darf in der Schwangerschaft und Stillzeit nicht eingenommen werden.

Teriflunomid (Aubagio®)

1x täglich, Tablette

Wirkung:
Das Medikament bewirkt eine Reduktion der Schübe durch einen entzündungshemmenden Effekt.Es wird auch ein schützender Effekt auf das Gehirn angenommen, da das Präparat möglicherweise die Bildung giftiger Stoffe (sog. freier Radikale) verringern kann. Die Reduktion der Schubrate ist vergleichbar jener der Interferon beta-Präparate.

Nebenwirkungen:
Die häufigsten Nebenwirkungen betreffen Magen-Darm-Beschwerden wie Bauchschmerzen, Durchfall, Übelkeit und Erbrechen. Darüber hinaus kann es zu erhöhten Leberwerten, vorübergehender Haarverdünnung, Bluthochdruck und Hautrötungen kommen.

Schwangerschaft und Stillzeit:
Bei Kinderwunsch und Schwangerschaft muss Aubagio beschleunigt eliminiert werden bis Spiegel von <0.02mg/l liegen.
Stillzeit: Wirkstoff geht im Tierversuch in die Muttermilch über, humane Daten fehlen. Stillen wird nicht empfohlen.

Dimethylfumarsäureester (Tecfidera®)

2x täglich, Kapsel

Wirkung:
Der Substanz wird neben einem entzündungshemmenden auch ein die Nerven schützender Effekt zugeschrieben. Eine Reduktion der jährlichen Schubrate um 50 % konnte in zwei Studien nachgewiesen werden.

Nebenwirkungen:
Magen-Darm-Unverträglichkeit (Übelkeit, Erbrechen, Durchfälle, Magenschmerzen), sowie Hitzewallungen und Hautrötungen (sog. Flushes)

Schwangerschaft und Stillzeit:
Bei Bekanntwerden der Schwangerschaft soll die Therapie abgesetzt werden.
Der Wirkstoff geht im Tierversuch in die Muttermilch über, humane Daten fehlen. Stillen wird nicht empfohlen.

Ocrelizumab (Ocrevus®)

2x/ Jahr, intravenös
Anfangs 2 Initial-Infusionen im Abstand von zwei Wochen, danach halbjährliche Infusionen

zur Behandlung der frühen primär progredienten und der schubförmig verlaufenden Form von MS zugelassen

Wirkung:
Ocrelizumab wirkt durch die Hemmung der B-Zellen und ist in Europa seit 2018 zugelassen. Bei Ocrelizumab handelt es sich um einen humanisierten monoklonalen Antikörper, der an CD20-positive B-Zellen bindet, die bei Multipler Sklerose eine große Rolle spielen, und führt zur – reversiblen – Elimination dieser Zellen. Das Fortschreiten der Erkrankung wird – besonders bei jüngeren Patientinnen mit kürzerer Erkrankungsdauer und nachweisbarer Krankheitsaktivität – gebremst.

Ocrelizumab kann im Anschluss an zwei Initial-Infusionen im Spital (im Abstand von zwei Wochen) halbjährlich im niedergelassenen Bereich verabreicht werden.

In Österreich ist Ocrelizumab seit Mai 2019 in der gelben Box bzw. dem gelben Bereich des Erstattungskodex und wird somit bei Patientinnen und Patienten mit schubhafter MS von den Kassen erstattet. Nach Ersteinstellung im Spital wird das Medikament im niedergelassenen Bereich infundiert – in Wien vorwiegend im Ambulatorium Mariahilf der Österreichischen Gesundheitskasse. In vielen Fällen erfolgt auch bei Patientinnen und Patienten nach chefärztlicher Genehmigung  mit PPMS eine Erstattung durch die Kassen.

Nebenwirkungen:
Veränderung der körpereigenen Abwehr wie grippeähnliche Nebenwirkungen, Kopfschmerzen, Knochenschmerzen, gesteigerte Infektanfälligkeit und in einzelnen Fällen allergische Reaktionen auf die Substanz, Infusion
sreaktionen wie Juckreiz, Hautausschlag und Atembeschwerden, leichte bis mittelschwere Infektionen der oberen Atemwege und Kopfschmerzen. In Studien wurde eine leicht erhöhte Zahl von Krebserkrankungen (insbesondere Brustkrebs) gegenüber Plazebo festgestellt, die aber der Krebsrate der Allgemeinbevölkerung zu entsprechen scheint. Ein Fall einer PML (Progessive Multifokale Leukenzephalopathie) unter Ocrelizumab dürfte auf die vorangegangene Behandlung mit Natalizumab zurückzuführen sein, also eine sogenannte carry-over-Konstellation zu einem Zeitpunkt, zu dem die PML vor der Ocrelizumab-Inbfusion klinisch noch nicht erkennbar war.

Eskalationstherapien

Als sogenannte „Eskalationstherapien“ wurden jene Substanzen definiert bei denen eine höhere Wirksamkeit aber auch ein höheres Risiko für das Auftreten schwerwiegender Nebenwirkungen besteht oder aber bis dato nicht ausgeschlossen werden kann. Deshalb kommen diese Substanzen erst zum Einsatz, wenn weniger riskante Möglichkeiten ausgeschöpft sind.

Natalizumab (Tysabri®)

intravenöse Infusion (alle 4 Wochen) durch medizinisches Personal oder subkutane Injektion mittels einer Fertigspritze (alle vier Wochen) durch medizinisches Personal

Wirkung:
Dieser erste monoklonale Antikörper behindert das Auswandern von Abwehrzellen durch die Blutgefäße in das Gehirn, wodurch die Entzündungsaktivität unterdrückt wird.

Nebenwirkungen:
Kopfschmerzen, Fatigue, Harnwegsinfekte, Depression, Infektionen.
Mit Natalizumab wird ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer PML in Verbindung gebracht. Das Risiko steigt mit zunehmender Behandlungsdauer an.

Schwangerschaft und Stillzeit:
Die Therapie kann bis zum Beginn der Schwangerschaft unter strenger Nutzen/Risiko-Abwägung fortgeführt werden; bei aggressiven Verläufen auch in der Schwangerschaft.
Die Substanz geht in die Muttermilch über, Stillen wird daher nicht empfohlen.

Natalizumab subkutan befindet sich im roten Bereich des Erstattungskodex der Sozialversicherung.

Fingolimod (Gilenya®)

1x täglich Kapsel 0,5 mg

Wirkung:
Der Wirkstoff verhindert den Ausstrom aktivierter Lymphozyten aus den Lymphknoten in das Blut. In weiterer Folge überwinden weniger Lymphozyten die Blut/Hirnschranke um dort ihren Angriff auf das Nervensystem zu starten.

Nebenwirkungen:
Infektionen der oberen Atemwege und der Harnblase, erhöhte Leberfunktionswerte und Reduktion der Lymphozyten im Blut, Blutdruckanstieg sowie vorübergehende Veränderung der Herzfrequenz – insbesondere in den ersten 6 Stunden nach der Einnahme.

Schwangerschaft und Stillzeit:
Die Therapie soll 2 Monate vor der geplanten Schwangerschaft beendet werden. Die Substanz geht im Tierversuch in die Muttermilch über, es existieren keine humanen Daten, daher soll nicht gestillt werden.

Der Immunmodulator Fingolimod sollte keinesfalls ohne Rücksprache abgesetzt werden. Ein Einnahmestopp kann dazu führen, dass sich die Erkrankung deutlich verschlechtert.

Alemtuzumab (Lemtrada®)

Infusion an 5 aufeinanderfolgenden Tagen. Nach einem Jahr erfolgt eine Infusionsserie an drei aufeinanderfolgenden Tagen.

Wirkung:
Alemtuzumab ist ein monoklonaler Antikörper, der zu einer raschen und langandauernden Zerstörung der T- und B-Lymphozyten führt.
Neben der entzündungshemmenden Funktion scheint die Substanz auch eine anhaltende Änderung der Funktionsweise des Immunsystems zu bewirken, indem die neu gebildeten Zellen weniger aggressiv sind.

Nebenwirkungen:
Praktisch alle Personen erleiden Infusionsreaktionen wie Kopfschmerzen, Fieberschübe, Gelenkschmerzen, Übelkeit und Erbrechen. Daher wird standardmäßig eine entsprechende Begleitmedikation verabreicht. Darüber hinaus können sekundäre Autoimmunerkrankungen der Schilddrüse, der Blutplättchen und der Nieren auftreten.
Um diese Nebenwirkungen rechtzeitig zu erkennen werden bis zu 5 Jahre nach der letzten Infusion monatliche Blut- und Harnkontrollen durchgeführt.

Schwangerschaft und Stillzeit:
Vor jeder Infusion muss ein Schwangerschaftstest durchgeführt werden. Geplante Konzeption 4 Monate nach der Infusion.
Die Substanz geht im Tierversuch in die Muttermilch über, humane Daten fehlen. Stillen wird nicht empfohlen.

Siponimod (Mayzent®)

Die Europäische Kommission erteilte am 13. Jänner 2020 Siponimod oder BAF312 (Handelsname Mayzent®) die EU-Zulassung zur Behandlung von Erwachsenen  mit sekundär progredienter Multipler Sklerose (SPMS) mit aktiver Erkrankung, die durch Rückfälle oder Merkmale entzündlicher Aktivität in der Bildgebung nachgewiesen wurde.

1x täglich Filmtablette 0,25 mg (Initialdosis) bzw. 2 mg 0,5 mg (Erhaltungsdosis)

Siponimod wird zur Behandlung von Erwachsenen mit sekundär progredienter Multipler Sklerose (SPMS) mit Krankheitsaktivität, nachgewiesen durch Schübe oder Bildgebung der entzündlichen Aktivität, angewendet.

Wirkung:
Der Sphingosin-1-Phosphat-Rezeptor-Modulator (S1P-Modulator) Siponimod ist eine Weiterentwicklung des MS-Medikaments Fingolimod und bindet selektiv an zwei der fünf G Protein-gekoppelten Rezeptoren (GPCR) für S1P: Den S1P-Rezeptor 1 und den S1P-Rezeptor 5. Der Wirkstoff verhindert so die Migration von Lymphozyten aus den Lymphknoten und reduziert die Rezirkulation von T-Zellen in das Zentralnervensystem (ZNS), um die Entzündung im ZNS zu begrenzen.

Nebenwirkungen:
Die häufigsten Nebenwirkungen sind Ausschlag mit kleinen, flüssigkeitsgefüllten Blasen, die auf geröteter Haut erscheinen (Symptome von Herpes Zoster), Fieber, Halsschmerzen, wunde Stellen im Mund (Lymphopenie), Anfälle, Krämpfe, Sehstörungen, Kopfschmerzen, Bluthochdruck (Hypertonie), erhöhte Leberenzymwerte, neue Muttermale, Schwindel, Tremor, Durchfall, Übelkeit, Schmerzen in Händen oder Füßen, geschwollene Hände, Fußgelenke, Beine oder Füße, Schwäche und vorübergehende Herzfrequenzabfällen und Abnahme der Lungenfunktion

Schwangerschaft und Stillzeit:
Während der Schwangerschaft oder vor einer geplanten Schwangerschaft bzw. bei unzureichender Empfängnisverhütung darf Siponim nicht eingenommen werden. In der Stillzeit ist die Behandlung mit Siponimod kontraindiziert, da die Substanz in die Muttermilch übertreten und beim Säugling zu schwerwiegenden Nebenwirkungen führen kann.

Andere Intervalltherapien: (Therapien der 3. Wahl)

Mitoxantron (Novantron®, Ebexantron®)

Infusion alle 3 Monate

Wirkung:
Mitoxantron ist ein Zytostatikum, es hemmt die Zellteilung, die Bildung von Abwehrzellen wird vermindert und das Immunsystem wird auf diese Weise unterdrückt.

Nebenwirkungen:
Übelkeit, Kopfschmerzen, Abgeschlagenheit, nach der Infusion kann es zu einer ungefährlichen bläulichen Verfärbung des Urins kommen.
Bei steigender Gesamtdosis ergibt sich ein zunehmendes Risiko einer Herzschädigung sowie ein später gehäuftes Auftreten von Tumorerkrankungen

Vor jeder Infusion muss ein Schwangerschaftstest durchgeführt werden. Die Therapie soll 6 Monate vor geplanter Schwangerschaft von Frauen und Männern abgesetzt werden.
Die Substanz geht in die Muttermilch über, es soll nicht gestillt werden.

Cyclophosphamid (Endoxan®)

Infusion
Dosierung abhängig von der Krankheitsaktivität

Wirkung
Die Substanz hat ähnlich dem Mitoxandron stark immunsuppressive Eigenschaften.

Nebenwirkungen:
Übelkeit, Erbrechen, blutige Harnblasenentzündungen, vorübergehender Haarausfall

Immunglobuline
monatliche Infusion

Wirkung:
Immunglobuline sind natürliche Eiweißbestandteile des Blutes, die aus Spenderblut gewonnen werden. Die Substanz wird bei verschiedenen neurologischen Erkrankungen verabreicht, der Nutzen bei Multipler Sklerose konnte nicht überzeugend nachgewiesen werden. Befürworter schreiben der Substanz einen möglichen positiven Reparatureffekt an den Nervenzellen zu, die Relevanz dieses Effekts ist auch bis heute unklar.

Nebenwirkungen:
Fieber, Kopfschmerzen, Übelkeit, extrem selten kann es zu Nierenversagen und Thrombosen kommen.

Azathioprin (Imurek®)

Tablette

Bei der Substanz handelt es sich um eines der ersten Immunsuppressiva. Sie galt zuerst als wirksam bis 1988 eine große placebokontrollierte Studie keinen signifikanten Effekt gegenüber Placebo nachweisen konnte.
In jüngster Zeit erlebt Azathioprin eine gewisse Renaissance, seit Studien laufen, die einen möglichen Nutzen einer Kombinationstherapie mit Betaferon, Rebif oder Immunglobulinen vermuten.

Plasmapherese und Immunapharese/Immunadsorption

Dieses Verfahren (unter dem Begriff „Blutwäsche“ bekannt), dient der Entfernung bestimmter Bestandteile des Abwehrsystems (Antikörper) aus dem Blut. Die restlichen Bestandteile werden anschließend gleich wieder zugeführt. Dieses technisch aufwendige Verfahren kommt manchmal bei besonders aggressiven Schüben zum Einsatz, die auf eine herkömmliche Kortison Therapie nicht ansprechen.

(Autologe) Stammzellentransplantation

Die Grundidee der Methode ist gleichsam ein völliger Austausch der Zellen des Abwehrsystems. Dabei werden zunächst einige Vorläuferzellen aus dem Blut (seltener aus dem Knochenmark) entnommen und im Labor entsprechend aufbereitet und vermehrt. Währenddessen werden die im Körper verbliebenen Zellen durch eine aggressive Chemotherapie abgetötet. Anschließend führt man die im Labor vermehrten Zellen wieder zu.

Ziel ist die vollständige Elimination jener Zellen, die körpereigene Nervenzellen angreifen um damit die Krankheit zum Stillstand zu bringen. Aufgrund der gefährlichen Nebenwirkungen gilt die Stammzelltherapie derzeit als experimentelles und risikoreiches Therapieverfahren, das nur in speziellen Zentren und im Rahmen kontrollierter Studien durchgeführt werden sollte.

In Österreich wird die Stammzellentransplantation trotz guter Erfolge noch nicht angewandt, da sie mit großen Risiken verbunden ist. Die Nebenwirkungen der Therapie mit Blutstammzellen sind nämlich so groß, dass Menschen, die sich dieser Therapie unterziehen, sterben können.

Kortison als Intervalltherapie

In einer Untersuchung an 88 Personen mit schubförmiger MS wurde einer Gruppe in regelmäßigen Abständen Kortison verabreicht, während die andere Gruppe Kortison als Schubtherapie erhielt. Über den Beobachtungszeitraum von 5 Jahren ergaben sich Vorteile der regelmäßigen Kortison Therapie hinsichtlich Schubrate, Behinderungsgrad und MRT-Parameter. Die Ergebnisse wurden angezweifelt, da die Studie nicht doppelblind angelegt war. Eine Bestätigung der Daten durch eine weitere Untersuchung steht noch aus.

Symptomatische Therapien

Symptomatische Therapien greifen nicht in den Krankheitsverlauf ein, sondern dienen dazu, durch positive Beeinflussung der jeweiligen Symptome die Lebensqualität der Patienten zu verbessern. Im Folgenden werden zu den oben genannten Symptomen jeweils kurz die Therapiemöglichkeiten beschrieben.

Ausführlicheres dazu finden Sie in den Literaturtipps sowie in DGN / KKNMS-Leitlinie zur Diagnose und Therapie der Multiplen Sklerose. Diese Therapieempfehlungen wurden von einer Konsensusgruppe österreichischer und deutscher MS-Expertinnen und -Experten festgelegt.

Bewegungsstörungen

Bei Gleichgewichts- und Koordinationsstörungen gibt es ergo- und physiotherapeutische Möglichkeiten durch Bewegungsmuster, die man trainiert, um die Bewegungsabläufe besser zu koordinieren. Schwäche, Lähmungen und Spastik können ebenfalls mit gezielter Physiotherapie behandelt und dadurch gebessert werden. Auch einige medikamentösen Therapien können unterstützend wirken.

Ataxie und Tremor kann auf verschiedene Arten medikamentös behandelt werden. Umstritten ist die Behandlung mit Cannabis (Nabilone®), von der in Einzelfällen von positiven Auswirkungen berichtet wird. In Österreich kann dieses Präparat unter bestimmten Voraussetzungen bei Multipler Sklerose verordnet werden. In extremen Fällen, wenn der Tremor die Lebensqualität stark einschränkt, kann auch eine operative Methode zur Verbesserung der Situation überlegt werden.

Blasenstörungen

Blasenstörungen lassen sich meistens recht gut medikamentös behandeln. Wichtig ist, rechtzeitig einen Facharzt für Urologie aufzusuchen, da unbehandelte Blasenprobleme Harnwegsinfekte und möglicherweise eine Erkrankung der Niere zur Folge haben können. Bei Blasenentleerungsstörungen, die medikamentös nicht behandelbar sind, gibt es die Möglichkeit der intermittierenden Selbstkatheterisierung.

Darmstörungen

Bei Verstopfung ist eine ausgewogene, ballaststoffreiche Ernährung und ausreichend Flüssigkeitszufuhr wichtig. Auch ausreichend Bewegung ist für das Funktionieren der Darmperistaltik wichtig. Sollte das nicht mehr möglich sein, oder sich die Probleme trotz dieser Maßnahmen nicht beheben lassen, kann Ihnen der behandelnde Arzt Medikamente gegen die Verstopfung verordnen. Wichtig ist, solche Präparate nur in Absprache mit einem Arzt anzuwenden, da über einen längeren Zeitraum eingenommen Abführmittel auch schädlich sein können.

Auch Durchfall und Darminkontinenz sind medikamentös behandelbar und sollten mit dem behandelnden Neurologen besprochen werden.

Depression

Zu Beginn der Erkrankung sind ausführliche Gespräche mit dem behandelnden Neurologen wichtig und hilfreich, um Ängste und Sorgen anzusprechen. Leider ist das nicht immer im optimalen Ausmaß möglich. In Wien bietet die MS-Gesellschaft deshalb ausführliche psychosoziale Beratungsgespräche mit den Mitarbeiterinnen der MS-spezifischen Sozialberatung an, die eine medizinische Beratung zwar nicht ersetzen können und sollen, aber zusätzlich Gelegenheit bieten, über alle Ängste und Sorgen, die die ungewisse Zukunft betreffen, zu sprechen.

Auch die Möglichkeit einer Unterstützung durch Psychologinnen, Psychologen oder Psychotherapeutinnen und -therapeuten kann sehr hilfreich bei der Bewältigung der krankheitsbedingten Probleme sein. Deshalb bietet die MS-Gesellschaft Wien schon seit Jahren allen Mitgliedern die Möglichkeit zu kostenloser psychotherapeutischer Beratung und Therapie an.

In jedem Fall ist es wichtig, über depressive Verstimmungen mit behandelnden Ärztinnen bzw. Ärzten zu sprechen. Diese können beurteilen, ob vielleicht eine vorübergehende medikamentöse Unterstützung notwendig ist und in Zusammenarbeit mit den Therapeutinnen bzw. Therapeuten einen größtmöglichen Behandlungserfolg erzielen.

Fatigue (Müdigkeit)

Die Möglichkeiten der medikamentösen Behandlung der Fatigue haben in Studien leider keine wirklich deutlichen Verbesserungen gezeigt. Deshalb muss verschiedenen Strategien, sich den Energiehaushalt bewusst einzuteilen, mehr Bedeutung eingeräumt werden. Die MS-Gesellschaft Wien bietet dazu Workshops an, in denen ein besserer Umgang mit der Tagesmüdigkeit erlernt und trainiert werden kann (Fatigue Management).

Hitzeempfindlichkeit

Viele Menschen mit Multipler Sklerose empfinden Hitze als sehr unangenehm. Es gibt eine Reihe von Möglichkeiten, sich vor großer Hitze zu schützen (Klimaanlagen – wobei zu starker Zug schlecht ist – kühle Umschläge, Kühlwesten, …). Aufgrund der großen Hitze vertragen viele Patienten die Sauna schlecht, andere jedoch haben damit kein Problem. Das selbe gilt für Urlaube in heißen Ländern. Jeder Patient muss für sich herausfinden, was ihm gut tut bzw. schadet.

Kognitive Störungen

Wichtig ist, durch die neuropsychologische Testung die Schwächen und Stärken der Gedächtnisfunktionen herauszufinden. Durch Aufbau der Stärken lassen sich die Schwachstellen häufig kompensieren. Durch verschiedene Tipps wie bessere Organisation des Alltags, Erstellung von diversen Listen oder Führen von Terminkalendern lassen sich Schwächen der Merkfähigkeit überbrücken. Zudem gibt es Computer-Trainingsprogramme, die zur Verbesserung kognitiver Störungen helfen.

Schmerzen

Die Behandlung von Schmerzen, die im Zusammenhang mit der Multiplen Sklerose auftreten, ist von der Ursache abhängig. Dementsprechend können sie mit physiotherapeutischer Behandlung gelindert oder medikamentös behandelt werden. Auch Akupunktur ist eine Methode, die immer öfter zur Schmerzbehandlung eingesetzt wird. Bei sehr stark ausgeprägter Trigeminusneuralgie kann Schmerz auch durch ein operatives Verfahren ausgeschaltet werden.

Sehstörungen

Sehstörungen, die durch eine Entzündung des Sehnervs hervorgerufen werden, bilden sich meist nach Abklingen der Entzündung wieder zurück. Unter Kortisongabe klingt die Entzündung schneller ab. Doppelbilder, die durch eine Störung der Koordination der Augenmuskeln verursacht werden, werden im Fall eines akuten Schubs ebenfalls mit Kortison behandelt. Auch gegen den Nystagmus gibt es Medikamente.

Sexualitätsprobleme

Die Behandlung der Sexualprobleme ist ebenfalls von deren Ursache abhängig. In jedem Fall sollten Sie Sexualitätsprobleme gegenüber ihrem behandelnden Arzt ansprechen. Leider ist das immer noch ein Tabubereich und vielen Patienten aber auch manchen Ärzten nicht angenehm. Doch nur im Gespräch darüber kann der Grund herausgefunden werden.

Häufig, vor allem in der Anfangsphase der Erkrankung, liegen die Probleme im psychosozialen Bereich, und man kann mit Hilfe von Psychotherapie Besserung erzielen. Sind Medikamente für Libidoverlust oder Erektionsprobleme verantwortlich, kann Sie Ihr Arzt vielleicht auf ein anderes Präparat umstellen. Wird Ihre Sexualität durch andere Symptome der Multiplen Sklerose (z.B. Blasenstörungen) eingeschränkt, sollten Sie auch dies mit Ihrem Neurologen besprechen, um diese Symptome behandeln zu lassen. Auch direkt durch die MS hervorgerufene Sexualstörungen können medikamentös oder mit Hilfsmitteln behoben werden. Sexualtherapeutische Beratungsstellen unterstützen Sie mit praktischen Ratschlägen für ein erfüllteres Sexualleben, auch bei Behinderungen.

Sprechstörungen und Sprachstörungen

Sprachstörungen können mit Hilfe von Logopädie (Sprachtherapie) behandelt werden und das Sprechen flüssiger gemacht werden. Ein Übungsprogramm, das täglich angewendet werden muss, kann eine Verbesserung herbeiführen.

Komplementäre und alternative Therapien

Der Wunsch nichts unversucht zu lassen und der Wunsch nach einer Therapie, welche die Wechselbeziehung zwischen Körper, Geist und Seele ausreichend berücksichtigt, lässt laut einer amerikanischen Studie 60 % aller Personen mit MS alternativmedizinische Behandlungen wählen. Zum Teil ergänzend zu den konventionellen Therapien, zum Teil aber auch ausschließlich.

Im Folgenden geben wir einen Überblick über einige häufig angewandte Methoden, mit dem Ziel eine möglichst objektive Information über Nutzen und Risiken der jeweiligen Methode zu bieten. Darüber hinaus soll dieses Kapitel Sie dazu motivieren, die behandelnde Neurologin/den behandelnden Neurologen über eine geplante alternativmedizinische Behandlung zu informieren.

Akupunktur

Diese Methode beruht auf der Vorstellung, dass die Funktion des Körpers über den ungestörten Fluss von Energie (Qi) entlang der 14 Hauptwege (Meridiane) beeinflusst wird. Krankheit entsteht nach dieser Sichtweise immer dann, wenn dieser Energiefluss gestört wird. Durch das Setzen von Nadeln an bestimmten Punkten entlang der Meridiane wird der Energiefluss wieder in Gang gebracht. Alternativ zu den Nadeln kann eine Wirkung an den Punkten auch durch Druck (Akkupressur) oder Laseranwendung erzielt werden.

Bei Akupunktur handelt es sich um eine gut verträgliche Methode zur Behandlung von Schmerzen, Spastik, Blasenstörungen, Stimmungsschwankungen und Koordinationsstörungen.
Neben Schmerzen an der Einstichstelle sind Einzelfälle dokumentiert, wo es durch unsachgemäße Handhabung der Nadeln zu Organverletzungen kommt.

Allergene

Unter der Vorstellung, dass der Multiplen Sklerose eine Allergie zugrunde liegen könnte, werden allergenfreie Diäten, gelegentlich auch Untersuchungen, die Allergien feststellen sollen, angeboten. Durch Vermeiden bestimmter Nahrungsmittel (z.B. Weizen, Pilze, Essig, u.a.) soll der Verlauf der Multiplen Sklerose günstig beeinflusst werden. Auch die wiederholte Gabe von kleinen Mengen dieser Nahrungsmittel (sogenannte Desensibilisierung) und Darmreinigung wird als günstig betrachtet. Bis heute gibt es keinen Beweis dafür, dass Personen mit Multipler Sklerose häufiger unter Nahrungsmittelallergien leiden als die restliche Bevölkerung. Im Gegenteil kommen Untersuchungen mittels Allergietests zu dem Schluss, dass Personen mit Multipler Sklerose signifikant seltener unter Allergien leiden.

Wegen der mit solchen Therapien verbundenen potentiellen Mangelerscheinungen bei völligem Vermeiden einzelner Nahrungsmittel und der teilweise hohen Kosten für notwendige Untersuchungen und spezielle Lebensmittel kann diese Therapie nicht empfohlen werden.

Amalgam und Amalgamentfernung

Amalgam in Zahnfüllungen besteht aus Quecksilber, Silber, Kupfer, Zinn und Zink. Amalgamfüllungen setzen geringe Mengen an Quecksilber frei und diese werden immer wieder verdächtigt an der Entstehung von Multipler Sklerose beteiligt zu sein. Bis dato gibt es keine Studien, die diese Sichtweise bestätigen. Eine (kostspielige) Entfernung von Amalgamfüllungen kann daher ausschließlich aufgrund der Multiplen Sklerose nicht empfohlen werden.

Aromatherapie

Unter Aromatherapie versteht man die Anwendung ätherischer Öle zur Linderung von Krankheiten und Steigerung des Wohlbefindens. Die Öle werden in der Regel durch Destillation aus Pflanzen gewonnen und in Form von Cremes, Massageölen, Badezusätzen oder in Duftlampen verdampft, verabreicht. Die Verordnung oraler Anwendung der Öle ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Es liegen keine systematischen Untersuchungen zur Wirkung der Aromatherapie bei MS vor. Für manche Beschwerden, die auch im Rahmen einer Multiplen Sklerose vorkommen können gibt es Untersuchungen zur Wirksamkeit. So wird z. B. für Lavendel, Neroli und Kamille ein antidepressiver Effekt vermutet.

Mit Ausnahme allergischer Hautreaktionen (sowie potenziellen Gefahren bei oraler Einnahme) ist die Aromatherapie gut verträglich. Die Anwendung erscheint vertretbar, solange sie zusätzlich und nicht anstelle einer konventionellen Therapie erfolgt.

Ayurveda

Die Methode zielt auf eine harmonische Beziehung zwischen Geist, Körper, und Spiritualität ab. Die Funktionen dieser drei Modalitäten werden über drei Prinzipien (sog. Doshas) reguliert. Krankheit gilt als Folge eines Ungleichgewichts der drei Doshas. Ayurveda soll die Wiederherstellung des Gleichgewichts bewirken.

Es existieren keine relevanten Studien, die einen möglichen Effekt von Ayurveda auf den Verlauf der Erkrankung oder auf einzelne Symptome der Multiplen Sklerose untersucht haben. Für  bestimmte Methoden des Ayurveda wie Massage, Medidation, Yoga liegen einzelne positive Erfahrungen hinsichtlich Spastik, Schmerzen, Depression und Ängstlichkeit vor.

Aufgrund der guten Verträglichkeit ist eine solche Therapie in Ergänzung zur konventionellen Behandlung vertretbar.

Bewegungstherapie

Die Bewegungstherapie ist im Grenzgebiet zwischen Alternativ- und Schulmedizin angesiedelt, da sich beide Richtungen ihrer bedienen. Grundsätzlich hat körperliche Aktivität einen günstigen Einfluss auf eine Reihe von Symptomen, die bei Multipler Sklerose auftreten und einen vorbeugenden Effekt auf eine Reihe anderer Erkrankungen

Mögliche Nebenwirkung ist das Auftreten von Symptomen ähnlich einem Schub aufgrund erhöhter Körpertemperatur und damit verbundener schlechterer Leitfähigkeit der Nervenzellen. Diese Symptome klingen nach einer Pause rasch ab und sind kein Hinweis auf einen Schub. Eine Verschlechterung einer bereits bestehenden Spastik ist nach (zu) intensivem Training  ebenfalls möglich.

Physiotherapie
Grundlage der Behandlungen sind spezielle Techniken z.B.  Bobath, Vojta und Brunkow. Die Behandlung fördert Kraft und Koordination, verbessert Gleichgewicht und Bewegungsabläufe. Physiotherapie wirkt positiv auf Spastik, Schmerzen (z. B. Wirbelsäule), Blasenstörungen, Darmstörungen, Ataxie und Tremor.

Feldenkrais
Bewegung nach Moshé Feldenkrais bedeutet sensomotorisches Lernen, eine Wahrnehmungsschule, die ihre Aufmerksamkeit dahin lenkt, wie bestimmte Bewegungen durchgeführt werden. Die Methode dient dazu Körper und Geist beweglich zu halten. Sie ist für alle Menschen gleichermaßen durchführbar. Ziel der – oft nur gedachten – Übungen ist es, einen Weg zu finden für gut integrierte Bewegung. Es handelt sich um eine nebenwirkungsfreie Methode, die einen positiven Einfluss auf psychische Faktoren zu haben scheint. Mehr Informationen finden sie unter https://www.feldenkrais.at/

Qi Gong
ist ein wesentlicher Teil der traditionellen chinesischen Medizin. Die Übungen verbinden Atem mit Bewegung und Vorstellungskraft, sind für jeden geeignet und lassen sich gut in den Alltag integrieren. Es dämpft Stress und wirkt entspannend und ausgleichend

T’ai Chi
ist eine spezielle Bewegungstherapie und Teil der traditionellen chinesischen Medizin (TCM). T‘ai chi kann für bestimmte Symptome der Multiplen Sklerose (z. B. Gehgeschwindigkeit, Spastik) einen positiven Einfluss nehmen ohne relevante Nebenwirkungen zu verursachen.

Yoga
Die wichtigsten Komponenten der Methode sind Atmung, Bewegung und Medidation. Entsprechend modifizierte Programme ermöglichen es auch Menschen mit Körperbehinderungen Yoga zu praktizieren. In kleinen Untersuchungen konnte eine positive  Wirkung auf Symptome wie Angst, Stress, Schmerzen und Spastik nachgewiesen werden.

Körperliches Training bei Multipler Sklerose ist jedenfalls empfehlenswert, auch wenn es wie bei vielen anderen alternativmedizinischen Therapien kein randomisierten, placebo-kontrollierten Studien gibt, die einen positiven Effekt nachweisen.

Bienengifttherapie (Apitherapie)

Die Wirkung der Bienengifttherapie wird auf eine entzündliche Reaktion zurückgeführt, die an der Einstichstelle entsteht und eine Reihe von entzündungshemmenden Prozessen im Körper in Gang setzen soll. Das Bienengift wird entweder mit der Nadel unter die Haut injiziert oder die Biene wird mit einer Pinzette so gefasst, dass sie zusticht. Der Stachel wird 10 bis 15 Min. später entfernt. Die Therapie wird mehrmals pro Woche praktiziert, pro Sitzung werden bis zu 40 Bienenstiche (in der Regel einige wenige) verabreicht.

In einer Studie an 26 Personen mit Multipler Sklerose konnte keine Wirkung bei den untersuchten Parametern  (Anzahl der Schübe, MRT-Veränderung, und weitere) festgestellt werden. Es kam auch zu keinerlei relevanten Nebenwirkungen. Allerdings sollte die Gefahr einer allergischen Reaktion nicht vernachlässigt werden.

Es existieren keine Studien, die einen überzeugenden Effekt der Bienengifttherapie nachweisen. Dem gegenüber stehen potentiell gefährliche Nebenwirkungen wie schwere allergische Reaktionen. Aus diesem Grund kann die Apitherapie nicht empfohlen werden.

Auch die wesentlich häufiger angewandte Behandlung mit Bienenprodukten wie Propolis und Gelée Royal kann mangels nachgewiesener Wirkung nicht empfohlen werden. Die Therapie scheint aber zusätzlich zur konventionellen Therapie weniger problematisch, da das Risiko von Nebenwirkungen im Vergleich zur Bienengifttherapie vernachlässigbar ist.

Biofeedback

Die Methode bedient sich verschiedener Messinstrumente, um Körperfunktionen (z.B. Herzrythmus, Muskelspannung) sichtbar zu machen. Mit Hilfe verschiedener (Entspannungs-)Methoden wird versucht diese Körperfunktionen zu beeinflussen. Durch Beobachtung, dass unwillkürlich ablaufende Funktionen aktiv beeinflusst werden können wird die Wirkung der Entspannung positiv verstärkt.

Positive Daten liegen für einzelne Symptome wie Angst, Schlafstörungen, Muskelverspannungen und Harninkontinenz vor. Für Stuhlinkontinenz konnte gar eine 70%ige Verbesserung dokumentiert werden.

Bei Biofeedback handelt es sich demnach um eine nebenwirkungsfreie Methode, die bei bestimmten Symptomen, welche im Verlauf der Multiplen Sklerose häufig auftreten, hilfreich sein kann.

Candida-Therapie

Candida ist eine Pilzart, die immer wieder mit der Entstehung der Multiplen Sklerose und anderer Erkrankungen in Zusammenhang gebracht wird. Die Behandlung beruht auf einem Vermeiden von Hefeprodukten, aber auch Pilzmedikamente und Vitamine werden verabreicht.

Es wurde bisher kein positiver Effekt auf den Verlauf der Multiplen Sklerose nachgewiesen, ein mögliches Risiko stellt vor allem die Pilztherapie dar, die gelegentlich zu Leberschäden führen kann. Aufgrund der Nebenwirkungen und mangels eines nachgewiesenen Nutzen wird die Therapie nicht empfohlen.

Cannabis

Die Cannabispflanze gehört zu den ältesten Kulturpflanzen der Welt und wurde zu therapeutischen Zwecken früher fast ausschließlich geraucht. Ihr wichtigster Inhaltsstoff (THC) findet sich mittlerweile aber auch in einer natürlich oder synthetisch hergestellten Arzneimittelspezialität (Sativex®). In einer ersten großen placebokontrollierten Studie, an der 600 Personen mit MS teilgenommen haben, ergab sich kein positiver Effekt bzgl. Spastik, wohl aber wahr eine Verbesserung des Gangbildes, der Schmerzen und der subjektiv bewerteten Spastik objektivierbar. Ob Cannabis in der Lage ist auch das Immunsystem günstig zu beeinflussen ist unklar.

Zu den wichtigsten Nebenwirkungen zählen Schwindel, Müdigkeit, Depressionen und Angststörungen, Magen-Darm-Unverträglichkeit und lokale Irritationen der Mundhöhle. Auch das Suchtpotenzial mit der Gefahr einer unkontrollierten Mehreinnahme zum Erreichen eines subjektiven psychischen (Wohl-) Befindens darf nicht unterschätzt werden. Das Rauchen von Marihuana ist darüber hinaus mit einem höheren Krebsrisiko, häufigeren Schlaganfällen und Herzinfarkten sowie Schwangerschaftskomplikationen verbunden.

Insgesamt scheint der Einsatz von Cannabisextrakten nur für eine kleine Gruppe von Personen mit Multipler Sklerose erfolgversprechend zu sein und sollte nur in enger Abstimmung mit der behandelnden Neurologin/dem behandelnden Neurologen erfolgen.

Chelat-Therapie

Diese Therapie bedient sich bestimmter Medikamente, die Schwermetalle im Körper binden und deren Ausscheidung fördern. Eine solche Therapie ist unter anderem bei Schwermetallvergiftungen etabliert. In der Behandlung der Multiplen Sklerose konnte bis dato kein Nutzen nachgewiesen werden. Mögliche Nebenwirkungen umfassen Schädigungen der Nieren und es Knochenmark sowie Herzrhythmusstörungen. Aufgrund dieser potenziellen Nebenwirkungen sollte die Chelat-Therapie bei Multipler Sklerose nicht angewandt werden.

Chinesische Kräutertherapie

Mehrere Untersuchungen aus China legen für verschiedene Kräutermischungen einen positiven Effekt auf den Verlauf der Multipl,en Sklerose nahe. So wurde eine Reduktion der Schubrate nach Einnahme einer Kräutermischung (Ping Fu Tang) berichtet. Trotz einer Reihe vielversprechender Untersuchungen kann eine Anwendung chinesischer Kräuter nicht empfohlen werden, da diese Untersuchungen durchwegs in chinesischer Sprache verfasst sind, sodass ihre Qualität nicht hinreichend beurteilt werden kann.

Chiropraktische Therapie

Chiropraktiker gehen davon aus, dass geringe Fehlhaltungen der Wirbelsäule (sog. Blockaden) die Ursache zahlreicher Erkrankungen sind. Durch entsprechende chiropraktische Manöver  an der Wirbelsäule können die Blockaden beseitigt werden.

Ein positiver Nutzen dieser Therapie konnte für den Verlauf der Multiplen Sklerose nicht nachgewiesen werden, lediglich  für den akuten Kreuzschmerz gibt es überzeugende Daten.

Nebenwirkungen sind selten, können aber gravierend sein, wie z. B. das Auftreten von Schlaganfällen, Schäden an Bandscheiben, Knochen und Nervenwurzeln.

Darmreinigungstherapien

Diese Art der Entgiftungstherapie wird zur Behandlung der Multiplen Sklerose immer wieder empfohlen ohne dass ein seriöser Wirkungsnachweis erbracht werden konnte. Neben Infektionen des Magen-Darm-Trakts und einer Verschlimmerung vorbestehender Hämorrhoiden besteht die Gefahr, dass es im Rahmen vorbestehender Darmerkrankungen zu einem Riss der Darmwand mit lebensbedrohlichen Folgen kommen kann. Daher können Darmreinigungstherapien zur Behandlung der MS nicht empfohlen werden.

Enzymtherapie

Enzyme sind Proteine, mit deren Hilfe der Körper lebenswichtige chemische Reaktionen steuert. Es gibt eine Reihe positiver Berichte über die Wirksamkeit von Enzymen bei Multipler Sklerose, sowohl von Personen mit MS als auch von Ärztinnen und Ärzten. Dennoch konnte auch in einer großangelegten Studie kein Nachweis für die Wirksamkeit erbracht werden.

Enzymtherapien werden allgemein gut vertragen, seltene Nebenwirkungen betreffen Übelkeit, Erbrechen, Durchfälle sowie allergische Reaktionen. Die intravenöse Verabreichung birgt neben ungleich höheren Kosten die Gefahr von Infektionen und potenziell lebensbedrohlichen allergischen Reaktionen und sollte daher unterbleiben.

Homöopathie

Die von dem deutschen Arzt Samuel Hahnemann entwickelte Methode gehört zu den am weitesten verbreiteten alternativmedizinischen Therapien in Europa. Die Grundannahme der Homöopathie ist, dass eine Substanz, die in großen Mengen verabreicht bestimmte Beschwerden auslösen kann, in kleiner Dosis die Beschwerden lindert. Die Homöopathie sieht sich als „individualisierte Medizin“ der Mensch in seiner Gesamtheit steht Mittelpunkt unter Berücksichtigung der körperlich-seelisch-geistigen, konstitutionellen, biographischen, sozialen und umweltbedingten Faktoren. Nur so ist es zu erklären, dass zwei verschiedene Personen, die an derselben Erkrankung leiden unter Umständen völlig verschieden Therapien bekommen können.

Für Personen mit Multipler Sklerose liegen keine kontrollierten Studien vor, die eine Wirkung der Homöopathie auf den Verlauf der Erkrankung oder auf einzelne Symptome nachgewiesen hätten. Ernsthafte Nebenwirkungen treten aufgrund der hohen Verdünnungen auch bei Substanzen wie Schlangengifte oder Arsen nicht auf.

Bei der Homöopathie handelt es sich daher um eine nebenwirkungsarme Behandlungsmethode, deren Wirkung nicht nachgewiesen werden konnte und daher wenn überhaupt nur in Ergänzung der konventionellen Therapien erfolgen sollte oder wenn herkömmliche Therapien wirkungslos oder nicht verfügbar sind.

Hyperbare Sauerstofftherapie

Durch Einatmen von Sauerstoff unter erhöhtem Druck in einer speziellen Druckkammer soll der Sauerstoffgehalt des Blutes erhöht werden, was wiederum einen positiven Effekt auf zahlreiche Körperfunktionen haben soll. In einer Studie 1983 wurde ein positiver Effekt nachgewiesen, zahlreiche Folge-Studien konnten keinen therapeutischen Nutzen bei Multipler Sklerose feststellen.

Zusammenfassend kann die Therapie aufgrund des fehlenden Wirkungsnachweises nicht empfohlen werden, zumal die Methode mit hohen Kosten verbunden ist und in seltenen Fällen ernste Nebenwirkungen (Druckverletzung von Ohr und Lunge) beobachtet wurden.

Hypnose

Die Methode besteht darin, Personen in einen tranceähnlichen Zustand zu versetzen währenddessen die Behandlerin/der Behandler Anweisungen erteilt, die einen therapeutischen Effekt haben sollen. Eine Wirkung auf das Immunsystem und damit auf den Verlauf der Multiplen Sklerose konnte nicht nachgewiesen werden. Im Rahmen von nicht kontrollierten Studien wurde ein Nutzen bei Schmerzen und Angstzuständen beschrieben.

Bei Hypnose handelt es sich um eine ungefährliche Methode, die bei Angstzuständen, Schmerzen und Spastik hilfreich sein kann.

Kältetherapie

Eine Vielzahl von Personen mit Multipler Sklerose reagiert bei Hitze mit verstärkten Beschwerden.  Die Idee, dass Kälte zur Linderung der Beschwerden führen könnte wurde erst Ende des 20. Jahrhunderts ernsthaft in Erwägung gezogen. Die Therapie besteht in der einfachsten Form in der Anwendung von kalten Duschen und Bädern oder der Einnahme kalter Getränke und reicht über Kältewesten und -Anzüge bis hin zu apparativ aufwendigen Kältekammern.

In kleinen Studien ergaben sich Hinweise auf eine Wirksamkeit bei Blasenschwäche, chronischer Müdigkeit, Spastik und Sehstörungen. In einer weiteren Studie wurden eine moderate Verbesserung der Sehfunktion, der Beweglichkeit der chronischen Müdigkeit und des subjektiven Wohlbefindens belegt

Relevante Nebenwirkungen sind bis dato nicht bekannt, etwa 10 % der Studienteilnehmenden berichtete über eine vorübergehende Verschlechterung der ursprünglichen Beschwerden.

Zusammenfassend kann die Kältetherapie zur Verbesserung verschiedener Symptome der Multiplen Sklerose empfohlen werden. Der zu erwartende positive Effekt ist allerdings zeitlich begrenzt und damit ein wesentlicher Nachteil der Methode

Kräuter

Kräuter wurden bereits 60.000 Jahre v. Chr. zu Heilzwecken verwendet, gerieten in Europa mit Einführung der ersten Medikamente zunehmend in Vergessenheit um in den letzten Jahren wieder eine Renaissance zu erleben. Einige wenige Kräuter werden wiederholt zur Behandlung bei Multipler Sklerose empfohlen:

Baldrian: in Form von Tee oder Dragees konnte ein moderater Effekt bei Schlafstörungen  nachgewiesen werden.

Brennnessel: in Form von Tees und Bädern oder als Nahrungsergänzungsmittel wird eine entzündungshemmende Wirkung nachgesagt, die bis dato nicht bewiesen ist. Bei Zufuhr großer Mengen sollte bedacht werden, dass aufgrund des hohen Vitamin K- Gehaltes die Wirkung blutverdünnender Medikamente beeinflusst werden kann.

Echinacea: Ein möglicher Wirkmechanismus bei der Behandlung viraler Infekte mit Echinacea dürfte die Aktivierung der Makrophagen und der T-Zellen sein. Unter dem Argument, das Echinacea das Immunsystem stärke, wird eine solche Therapie häufig für Personen mit Multipler Sklerose empfohlen. Da bei Multiple Sklerose aber eine Überaktivität des Immunsystems zugrunde liegt, scheint eine weitere Stärkung des Immunsystems eher kontraproduktiv. In der Praxis existieren keine Studien, die einen positiven Effekt bei Multipler Sklerose gezeigt hätten.

Flohsamen: die Samen werden mit viel Flüssigkeit verabreicht, quellen im Magen-Darm-Trakt auf und beschleunigen so die Darmpassage. Im Gegensatz zu anderen Abführmitteln treten keine relevanten Nebenwirkungen auf. Beachten muss man aber, dass zur Einnahme anderer Medikamente ein Abstand eingehalten werden muss, weil sonst die Aufnahme dieser Medikamente gestört sein kann.

Gingko Biloba: diesem Extrakt konnte in einer großangelegten Studie keine Wirkung auf den Verlauf der Multiplen Sklerose nachgewiesen werden.

Ginseng: wird häufig bei Impotenz, Libidoverlust, chronischer Müdigkeit und Stressintoleranz empfohlen, Symptome, die auch bei Multipler Sklerose häufig auftreten. Relevante Studien liegen jedoch nicht vor. Zu bedenken ist darüber hinaus, dass asiatischer Ginseng ungünstige Wechselwirkungen mit Kortisonpräparaten haben kann.

Johanniskraut: wird als Tee, in Form von Tabletten oder als ätherisches Öl aufgrund seiner antidepressiven Eigenschaften verwendet.
An Nebenwirkungen wurde über Magen-Darm-Beschwerden ebenso berichtet wie über Müdigkeit und Benommenheit. Johanniskraut kann die Wirkung einer Reihe anderer Medikamente wie orale Kontrazeptive, Anfallsmedikamente oder blutverdünnende Medikamente beeinflussen. Die Einnahme von Johanniskraut sollte daher auf alle Fälle mit der behandelnden Neurologin/dem behandelnden Neurologen besprochen werden.

Kava Kava: hat einen in mehreren Studien nachgewiesenen angstlösenden Effekt ohne dabei die bei ähnlich wirkenden Medikamenten typische Müdigkeit hervorzurufen.

Padma 28: ist eine Mischung von über 20 Kräutern unter Zusatz von Kalzium. Die Wirksamkeit bei MS wurde in einer größeren Studie in Polen nachgewiesen. Die vielversprechenden Ergebnisse dieser Studie wurden dadurch relativiert, dass keine Details über die Durchführung der Studie bekannt wurden und die positiven Ergebnisse in weiteren Studien nicht wiederholt werden konnten.

Kraniosakrale Therapie

Die Methode leitet sich aus chiropraktischen und osteopatischen Theorien ab. Über Massagen und andere Manipulationen wird versucht eine Verbesserung der Zirkulation des Liquors zu erreichen. Entsprechend der Theorie soll dadurch die Funktion des zentralen Nervensystems verbessert und das Immunsystem gestärkt werden.

Hinweise auf eine Wirksamkeit bei Multipler Sklerose gibt es nicht. Es gibt auch keine Hinweise dafür, dass für die Entstehung der Multiplen Sklerose eine gestörte Liquorzirkulation eine Rolle spielen könnte. So kann die Methode, auch wenn keine relevanten Nebenwirkungen zu befürchten sind, als Behandlungsmethode bei Multipler Sklerose nicht empfohlen werden.

Magnetfeldtherapie

Erste vielversprechende Berichte über die Anwendung der Magnetfeldtherapie bei Multipler Sklerose stammen aus Ungarn. 1987 konnte hier in einer placebokontrollierten Studie gezeigt werden, dass eine elektromagnetische Pulstherapie im Bereich des Rückens und der Beine bei 70 % aller Personen mit Multipler Sklerose eine Verbesserung der Spastik, der Schmerzen sowie der Blasenfunktion bewirkte. Magnete werden heute in Form von Schuheinlagen, Armbändern und Liegematten bis hin zu Geräten, welche Magnetfelder über elektrische Impulse erzeugen, angeboten.

Die Magnetfeldtherapie ist nebenwirkungsarm, bei Schwangeren sollte sie nicht durchgeführt werden. Personen mit Herzschrittmachern oder anderen implantierten Metallteilen sollen zuvor Ihre Ärztin/Ihren Arzt konsultieren und zu starke Magnetfelder meiden.

Die Magnetfeldtherapie im Rahmen der Multiplen Sklerose kann also bei Spastik, Schmerzen und Blasenstörungen hilfreich sein.

Procarin

Diese Substanz enthält Histamin und Koffein und wird über ein Hautpflaster verabreicht, und soll zur Besserung von  Symptomen wie Schwäche, Gefühlsstörungen, Schmerzen, Müdigkeit und Depression beitragen. Die Wirkung konnte allerdings nicht zweifelsfrei bewiesen werden.

Nebenwirkungen können in Form lokaler Rötung und Schwellung im Bereich des Pflasters auftreten, Personen mit Asthmabronchiale dürfen Procarin nicht anwenden, da es zu einer unter Umständen bedrohlichen Verschlechterung durch Histamin kommen kann.

In Anbetracht der hohen Kosten (das Pflaster kann nur in einer bestimmten Apotheke in den USA zum Preis von ca. EUR 250,00 pro Monat bezogen werden) und der unsicheren Datenlage wird Procarin nicht empfohlen.

Leitlinien

Multiple Sklerose. Diagnostik und Therapie

Pädiatrische Multiple Sklerose

Neurogene Blasenstörungen. Diagnostik und Therapie