Protonen-MR-Spektroskopie könnte Diagnose und Therapie von Multipler Sklerose verbessern

Im Zuge eines Forschungsprojekts wurde an der MedUni Wien unter der Leitung von Wolfgang Bogner, PhD, eine neue MRT-Technik angewandt, die den Weg zu einer rascheren Bewertung von Veränderungen im Gehirn bereiten könnte.

Frau im MRT, Foto: Andrea Piacquadio, Pexels

Mittels 7-Tesla-MR-Bildgebung konnten für Multiple Sklerose bedeutende Chemikalien, die an der Funktion des Nervensystems beteiligt sind, identifiziert werden. Die Protonen-MR-Spektroskopie macht Gehirnveränderungen in Regionen sichtbar, die in der konventionellen MRT unauffällig erscheinen.

Wird Multiple Sklerose (MS) früh diagnostiziert und therapiert, lässt sich das Fortschreiten der Erkrankung verzögern. Um einer Multiplen Sklerose auf die Spur zu kommen, wird u.a. auf die Magnetresonanztomographie (MRT) zurückgegriffen, denn mit diesem bildgebenden Verfahren lässt sich die Krankheitsaktivität bei Multipler Sklerose erkennen. An der MedUni Wien wurde nun mittels der 7-Tesla-MR-Bildgebung gezeigt, dass sich neurochemische Gehirnveränderungen in einem frühen Stadium nachweisen lassen.

Neuroimaging mittels Protonen-MR-Spektroskopie

Die Forschungsgruppe um Eva Niess, PHD, (vormals Heckova) und Wolfgang Bogner, PhD, von der Universitätsklinik für Radiologie und Nuklearmedizin der MedUni Wien verglich mit Kolleginnen und Kollegen von der Universitätsklinik für Neurologie der MedUni Wien neurochemische Veränderungen im Gehirn von 65 Personen mit Multipler Sklerose mit denen von 20 gesunden Kontrollpersonen, und zwar mittels einer MR-Spektroskopie mit einem sieben Tesla starken Magneten. Dieses bildgebende Instrument wurde von Forschenden der MedUni Wien mitentwickelt und findet seit seiner Inbetriebnahme im Jahr 2008 am Exzellenzzentrum für Hochfeld-MR der MedUni Wien bei wissenschaftlichen Untersuchungen z.B. des Gehirns Anwendung.

Identifikation bedeutender Neurochemikalien

Mit Hilfe des 7-Tesla-MRT konnten schließlich für Multiple Sklerose bedeutende Chemikalien, die an der Funktion des Nervensystems beteiligt sind, identifiziert werden. Mithilfe dieser Protonen-MR-Spektroskopie ließen sich Gehirnveränderungen in Regionen sichtbar machen, die in der konventionellen MRT unauffällig erscheinen.

Die Hauptautorin der Studie, Eva Niess, geht davon aus, dass diese Erkenntnisse künftig eine bedeutende Rolle bei der Versorgung von Menschen mit Multipler Sklerose spielen werden. Denn einige neurochemische Veränderungen, die mit der neuen Technik sichtbar gemacht wurden, würden bereits früh im Krankheitsverlauf auftreten und können nicht nur mit Behinderungen korreliert sein, sondern auch das weitere Fortschreiten der Krankheit vorhersagen.

Die spektroskopische 7-Tesla-MR-Bildgebung habe sich Niess zufolge als wertvolles Hilfsmittel bei der Diagnose und Behandlung von Multipler Sklerose erwiesen. Bis diese Forschungserkenntnisse allerdings in die klinische Anwendung einfließen können, seien noch weitere Forschungsarbeiten erforderlich.

„Wenn sich die Ergebnisse in weiteren Studien bestätigen, könnte dieses neue Neuroimaging-Verfahren zu einem Standard-Bildgebungsinstrument für die Erstdiagnose und für die Überwachung von Krankheitsaktivität und Therapie bei MS-Patient:nnen werden.“
Wolfgang Bogner

Aktuell ist die Methode nur auf dem 7-Tesla-MRT an der MedUni Wien und nur zu Forschungszwecken verfügbar. Das wissenschaftliche Team um Eva Niess und Wolfgang Bogner arbeitet daran, das neue Verfahren für den Einsatz in klinischen Routine-MRT-Scannern weiterzuentwickeln.

Literatur

Eva Heckova, Assunta Dal-Bianco, Bernhard Strasser, Gilbert J. Hangel, Alexandra Lipka, Stanislav Motyka, Lukas Hingerl, Paulus S. Rommer, Thomas Berger, Petra Hnilicová, Ema Kantorová, Fritz Leutmezer, Egon Kurca, Stephan Gruber, Siegfried Trattnig, Wolfgang Bogner: Extensive Brain Pathologic Alterations Detected with 7.0-T MR Spectroscopic Imaging Associated with Disability in Multiple Sclerosis. Radiology, published Online: https://doi.org/10.1148/radiol.210614