Karl-Vass-MS-Forschungspreis vergeben

Univ. Prof. Dr. Thomas Berger, Präsident der Multiple Sklerose Forschungsgesellschaft, verlieh den Karl-Vass-Multiple Sklerose Forschungspreis an Dr. Gabriel Bsteh. Den Preis erhielt der Nachwuchswissenschaftler für seine bisherige Forschungsarbeit auf dem Gebiet der Multiplen Sklerose (MS).

Univ. Prof. Dr. Thomas Berger überreicht den Karl-Vass-Preis an Dr. Gabriel Bsteh. (c) IMAGE ANGELS – Communications Agency

Univ. Prof. Dr. Thomas Berger überreicht den Karl-Vass-Preis an Dr. Gabriel Bsteh. (c) IMAGE ANGELS – Communications Agency

In Erinnerung an den ehemaligen Präsidenten der Multiple Sklerose Gesellschaft Wien, Univ. Prof. Dr. Karl Vass, und in Würdigung seiner Verdienste um die Multiple Sklerose in Österreich verlieh die von der Multiple Sklerose Gesellschaft Wien 1992 gegründete Multiple Sklerose Forschungsgesellschaft am 9. Dezember 2020 den mit EUR 10.000,00 dotierten Karl-Vass-Multiple Sklerose Forschungspreis für österreichische Nachwuchsforschende auf dem Gebiet der Multiplen Sklerose an Dr. Gabriel Bsteh, PhD von der Universitätsklinik für Neurologie an der MedUni Wien.

vlnr.: Univ. Prof. Dr. Thomas Berger, Dr. Gabriel Bsteh, Dr. Astrid Kaltenböck und Univ. Prof. Dr. Hans Lassmann. (c) IMAGE ANGELS – Communications Agency

vlnr.: Univ. Prof. Dr. Thomas Berger, Dr. Gabriel Bsteh, Dr. Astrid Kaltenböck und Univ. Prof. Dr. Hans Lassmann. (c) IMAGE ANGELS – Communications Agency

Verleihung in Form eines hybriden Events

An der Preisverleihung am 9. Dezember 2020 nahmen der Präsident der MS-Forschungsgesellschaft, Univ. Prof. Dr. Thomas Berger, Past-Präsident Univ. Prof. Dr. Hans Lassmann und Dr. Astrid Kaltenböck, Medical Director des Preissponsors Biogen teil. Zahlreiche Interessierte verfolgten das Event online.

„Karl Vass hat unvergessliche Verdienste rund um die MS in Österreich geleistet. Um sein Wirken zu würdigen und fortzusetzen, hat die MS-Forschungsgesellschaft mit Unterstützung von Biogen den Karl-Vass-Preis ins Leben gerufen“, erklärte Berger.

Die Keynote hielt Univ. Prof. Dr. Hans Lassmann über die aktuellen Entwicklungen in der MS-Forschung. „Die Kombination von Grundlagenforschung, klinisch translationaler Forschung und Therapiestudien auf dem Gebiet der entzündlichen Erkrankungen und speziell der MS haben in den letzten Jahrzehnten bedeutende Fortschritte für die Patientinnen und Patienten erzielt. Heute stehen zahlreiche Therapeutika zur Verfügung, die vor allem im frühen Stadium der Erkrankung den Krankheitsverlauf nahezu vollständig aufhalten können. Trotz dieser Erfolge sind wichtige Aspekte der MS-Pathogenese bislang ungeklärt“, so Lassmann.

Gabriel Bsteh ist erster Preisträger

Dr. Gabriel Bsteh, PhD

„Die Multiple Sklerose umfasst ein extrem variables Spektrum – sowohl in Bezug auf den objektiven Krankheitsverlauf und das Therapieansprechen als auch hinsichtlich der Wahrnehmung und des Umganges mit den Folgen der Erkrankung. Daraus ergibt sich der dringende Bedarf nach einer ganzheitlichen und individuellen Diagnostik und Behandlung von MS-Patientinnen und Patienten. Meine Forschung dreht sich daher um verschiedene Aspekte einer individualisierten MS-Medizin. Der Preis ist für mich gleichermaßen Ehre, Bestätigung und Ansporn für die Zukunft“.
Preisträger Dr. Gabriel Bsteh, PhD

„Wichtige Aspekte der MS-Pathogenese bislang ungeklärt“

Die Keynote hielt Univ. Prof. Dr. Hans Lassmann über die aktuellen Entwicklungen in der MS-Forschung. „Die Kombination von Grundlagenforschung, klinisch translationaler Forschung und Therapiestudien auf dem Gebiet der entzündlichen Erkrankungen und speziell der MS haben in den letzten Jahrzehnten bedeutende Fortschritte für die Patientinnen und Patienten erzielt. Heute stehen zahlreiche Therapeutika zur Verfügung, die vor allem im frühen Stadium der Erkrankung den Krankheitsverlauf nahezu vollständig aufhalten können. Trotz dieser Erfolge sind wichtige Aspekte der MS-Pathogenese bislang ungeklärt“, so Lassmann.

Dr. Gabriel Bsteh, PhD

Nach dem Studium der Humanmedizin an der MedUni Innsbruck beschäftigte sich der gebürtige Salzburger mit personalisierter Medizin bei Multipler Sklerose. Nach dem Abschluss des Doktoratsstudiums forschte Bsteh in der Arbeitsgruppe Neuroimmunologie und MS an der MedUni Innsbruck. Vor Beginn seiner Facharztausbildung in Innsbruck beschäftigte sich der mittler weile 33-Jährige am Universitätsspital Zürich mit der optischen Kohärenztomographie (OCT) und der Riechfunktion als potentielle Biomarker bei Multipler Sklerose.

Das letzte Jahr der Facharztausbildung absolvierte der aufstrebende Forscher an der Universitätsklinik für Neurologie der MedUni Wien, wo er seit Juni 2020 als Facharzt für Neurologie tätig ist und sich vorwiegend der Neuroimmunologie und Multipler Sklerose widmet.

Den Karl-Vass-Multiple Sklerose-Forschungspreis 2020 erhielt Bsteh für seine bisherige Forschungsarbeit auf dem Gebiet der Multiplen Sklerose. Der Vorstand und das Team der Multiple Sklerose Gesellschaft Wien gratulieren herzlich!

Ermöglichen von Innovationen und neuen Therapien

Der Karl-Vass-Preis wurde von der Firma Biogen finanziell unterstützt, die ein besonderes Augenmerk auf die MS-Forschung in Österreich legt. „Die Forschung muss auch lokal in Österreich passieren. Daher unterstützen wir aus tiefster Überzeugung den MS-Forschungspreis. Nur so können Innovationen und neue Therapien ermöglicht werden“, erklärte Biogen Medical Director Kaltenböck.

Interview mit dem Preisträger

Herr Dr. Bsteh, Sie wurden im Dezember mit dem Karl-Vass-Multiple Sklerose Forschungspreis ausgezeichnet und haben für Ihre bisherigen wissenschaftlichen Arbeiten im Bereich der Multiplen Sklerose nun 10.000 Euro erhalten. Wie haben Sie die Preisverleihung erlebt?

Dr. Gabriel Bsteh, PhD: Die Preisverleihung war – obwohl viele aufgrund der COVID-19-Pandemie nur virtuell teilnehmen konnten – eine großartige Gelegenheit, auf die wissenschaftliche Arbeit und meine Wegbegleiter zurückzublicken, aber auch jenen, die nicht direkt am Forschungsgeschehen beteiligt sind, zu erzählen, womit ich mich beschäftige.

Was hat Sie dazu gebracht, sich der Neurologie und insbesondere der Multiplen Sklerose zu verschreiben?

Bsteh: Zu Beginn des Medizinstudiums fand ich die Anatomie sehr spannend, besonders die Neuroanatomie. Dadurch und über meine Diplomarbeit bei Prof. Löscher kam ich zur Neurologie. Hier fand ich besonders die Multiple Sklerose faszinierend, da sich dabei die kontinuierliche Betreuung und Begleitung von Menschen mit einer chronischen Erkrankung und zahlreiche Forschungs- und Therapiemöglichkeiten verbinden lassen.

Sie haben bereits zahlreiche Arbeiten zu Multipler Sklerose publiziert. Worum ging es Ihnen dabei in erster Linie?

Bsteh: Multiple Sklerose ist eine äußert heterogene Erkrankung, die sich bei jedem/jeder Patient*in etwas anders zeigt. Wir versuchen, den individuellen Verlauf der Patientinnen und Patienten vorherzusagen und die Therapie daran anzupassen.

Welches Gebiet beforschen Sie im Moment?

Bsteh: Derzeit beschäftige ich mich in erster Linie mit der optischen Kohärenztomografie, einem bildgebenden Verfahren, mit dem wir 2- und 3-dimensionale Aufnahmen aus Gewebe in einer Auflösung von Mikrometern gewinnen können, und dadurch den Verlauf von Schaden am Nervengewebe genau verfolgen können.

Wohin wird sich die MS-Therapie entwickeln?

Bsteh: Es wird immer mehr mögliche MS-Therapien geben. Alleine im laufenden Jahr erwarten wir zwei Neuzulassungen.

Diese Therapien betreffen vorwiegend Patientinnen und Patienten mit einer schubhaften MS. Wie ist es um Therapien für progrediente Verläufe bestellt?

Bsteh: Während bei der Therapie der schubhaften MS bereits vor 25 Jahren ein entscheidender Schritt geschafft wurde, fehlt uns bei der progredienten MS nach wie vor ein revolutionärer Ansatzpunkt. Doch es wird viel Forschung auf diesem Gebiet betrieben. Ich bin zuversichtlich, dass sich innerhalb der nächsten fünf bis zehn Jahre ein Medikament für die progrediente MS in einer größeren Studie bewährt.

Wohin wird sich die MS-Therapie entwickelt haben, wenn Sie in rund 30 Jahren in Pension gehen und auf Ihre Laufbahn zurückblicken?

Bsteh: Wir werden bis dahin hoffentlich sowohl neuroprotektive als auch neuroreparative Therapien entwickelt haben.

Die Multiple Sklerose-Forschung hat Sie nach Wien geführt, nachdem Sie Ihre Studienzeit und die ersten Jahre als Arzt an der MedUni Innsbruck verbracht haben. Streben Sie an, Ihre wissenschaftliche Karriere eines Tages in Ihrer Heimatstadt Salzburg fortzusetzen oder zieht es Sie eher ins Ausland?

Bsteh: Ich habe hier an der MedUni Wien dank der Förderung durch meinen Mentor Prof. Thomas Berger ein Umfeld, in dem sich sowohl klinisch als auch in der Forschung viel weiterbringen kann. Das ist mir das Allerwichtigste. Wohin mich mein Weg führen wird, hängt zuallererst von den Forschungsbedingungen ab. Übersee ist nicht meine erste Wahl, sondern Europa – und da an erster Stelle Österreich.

Welche Empfehlung möchten Sie Menschen mit MS auf den Weg geben?

Bsteh: Ich halte es für äußerst wichtig, dass MS-Betroffene einen Ansprechpartner finden, bei dem sie sich gut aufgehoben fühlen. Denn für die meisten Probleme, die im Zuge der Erkrankung auftauchen, gibt es Lösungsansätze. Noch wichtiger finde ich, dass man die Erkrankung nicht das eigene Leben bestimmen lässt.

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Gespräch führte Kerstin Huber-Eibl