Informationen zu Coronavirus und Multiple Sklerose

Illustration: Neuartiger Coronavirus und Multiple Sklerose. Was Sie jetzt wissen müssen.

Diese Information wurde am 12. März 2020 von Univ.-Prof. Dr. Barbara Kornek erstellt.

Einschätzung des Risikos für MS-Betroffene

Nach bisherigen Erkenntnissen gibt es Personengruppen, die ein höheres Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf haben. Bezogen auf die MS sind das folgende Personengruppen:

Ältere Personen

Die Fähigkeit des Immunsystems, sich gegen Infektionen der Lunge u.ä. zu wehren, nimmt ab dem 50./60. Lebensjahr ab. Daher können ältere Personen – unabhängig von einer begleitenden anderen Erkrankung – häufiger Komplikationen der Atemwege haben. Da Fieber im höheren Alter seltener auftritt, kann es länger dauern, bis die Erkrankung festgestellt wird.

Personen mit eingeschränkter Beweglichkeit

Menschen, die auf einen Rollstuhl angewiesen oder bettlägerig sind, haben aufgrund der weniger guten Belüftung der Lunge ein erhöhtes Risiko für Atemwegserkrankungen. Da das Corona-Virus Infektionen der Atemwege verursacht, besteht für diese Personen ein erhöhtes Risiko.

Personen mit Medikamenten, die das Immunsystem unterdrücken

Zur Behandlung der MS werden Medikamente eingesetzt, die einen Einfluss auf das Immunsystem haben und die Abwehr gegen Virusinfektionen herabsetzen können. Im Detail bedeutet das folgendes:

Menschen mit Multipler Sklerose ohne immunmodulierende Therapie haben kein erhöhtes Risiko für schwerere Verläufe – es sei denn, es bestehen andere Risikofaktoren wie oben beschrieben (Alter, eingeschränkte Beweglichkeit) oder zusätzliche andere chronische Erkrankungen (z.B. Diabetes, Herz-Kreislauferkrankungen, Lungenerkrankungen, …).

Unter Therapie mit einem Interferon-beta Präparat (Avonex®, Rebif®, Plegridy®, Betaferon®, Extavia®) oder mit Glatirameracetat (Copaxone®, Perscleran®) ist von keinem erhöhten Risiko für einen schweren Verlauf auszugehen.

Bei Dimethylfumarat (Tecfidera®) und Teriflunomid (Aubagio®) und normalen Lymphozytenzahlen (weißen Blukörperchen) ist nicht von einem erhöhten Risiko auszugehen.

Unter Therapie mit Fingolimod (Gilenya®) und Siponimod (Mayzent®) besteht ein erhöhtes Risiko für Infektionen der Atemwege. Die Therapie sollte aber dennoch fortgeführt werden, um eine Wiederkehr der Krankheitsaktivität zu verhindern. In diesen Fällen spielt der Schutz vor einer Infektion (siehe unten „Expositionsprophylaxe“) eine ganz besondere Rolle.

Natalizumab (Tysabri®) führt – nach aktueller Einschätzung – nicht zu einem erhöhten Risiko für Atemwegserkrankungen.

Therapien, die die Zahl der verfügbaren Abwehrzellen über die Dauer der Anwendung hinaus reduzieren (Cladribin (Mavenclad®), off-label Rituximab, Ocrelizumab (Ocrevus®), Alemtuzumab (Lemtrada®), Mitoxantron, Cyclophosphamid) erhöhen das Infektionsrisiko besonders in den ersten Wochen nach der Einnahme /Infusion.

Eine Schubtherapie mit hochdosiertem Kortison kann das Infektionsrisiko vorübergehend erhöhen. Inwieweit die Schubtherapie notwendig ist, sollte individuell entschieden werden.

Die Verabreichung bzw. Neueinstellung auf Medikamente, bei denen ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf besteht, kann bei entsprechender Nutzen/Risiko-Abwägung verschoben werden.

Nur in Einzelfällen, vor allem wenn mehrere Risikofaktoren (immunsuppressive Therapie, Begleiterkrankungen, Alter, andere besondere Umstände) bestehen, kann eine Therapiepause individuell diskutiert werden. Das individuelle Risiko einer Wiederkehr der Krankheitsaktivität muss hierbei gegen das Infektionsrisiko abgewogen werden. In einer solchen Situation muss besonders Augenmerk auf den Schutz vor einer Infektion („Expositionsprophylaxe“) gelegt werden.

Schutz vor der Infektion mit dem COVID-2019

  • Die wichtigste Maßnahme, um die Erkrankung einzudämmen, ist derzeit die sogenannte Expositionsprophylaxe, d.h. den Kontakt mit möglichen Überträgern oder bereits infizierten Personen zu vermeiden.
  • Das Corona-Virus wird nach heutigem Stand über Tröpfchen-Infektion übertragen. Daher gelten folgende Schutzmaßnahmen:
  • Sehr wichtig ist die Reduktion sozialer Kontakte.

Daher sollen Orte mit engem Kontakt zu anderen Personen (privat, beruflich, öffentliche Veranstaltungen und voll besetzte öffentliche Verkehrsmittel soweit möglich) nach Möglichkeit vermieden werden. Ein Abstand zu anderen Personen von 1 bis 2 Metern wird empfohlen.

  • Viele Firmen empfehlen ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, zuhause zu arbeiten. Ab nächster Woche werden Schulen und Kindergärten vorübergehend geschlossen bzw. der Betrieb wird deutlich eingeschränkt. Eine vorübergehende Freistellung vom Arbeitsplatz für MS-Betroffene ist sinnvoll, besonders wenn eine Therapie mit einem immunsuppressiven Medikament besteht.
  • Aufsuchen von Ordinationen und Krankenhausambulanzen nur, wenn dringend notwendig
  • Reisetätigkeit einschränken
  • Regelmäßiges Händewaschen und -Desinfizieren
  • Bedecken von Mund und Nase mit Taschentuch oder Ellbogen beim Husten und Niesen
  • Lebensmittelhygiene

Die Erkenntnisse und Vorsichtsmaßnahmen werden laufend aktualisiert.

Quellen: Bundesministerium für Gesundheit und Soziales; Robert Koch Institut für Krankheitsüberwachung und Prävention, Berlin; Deutsche MS-Gesellschaft, Infection Risks Among Patients With Multiple Sclerosis Treated With Fingolimod, Natalizumab, Rituximab, and Injectable Therapies. Luna G et al, Jama Neurol 2019 epub 2019.3365. Peripheral CD19+ B-cell counts and infusion intervals as a surrogate for long-term B-cell depleting therapy in multiple sclerosis and neuromyelitis optica/neuromyelitis optica spectrum disorders. Ellrichmann G. et al., J Neurol. 2019 Jan;266(1):57-67)

Corona-Infonummern

Corona-Infonummern in Wien

  • Die Stadt Wien hat eine 24-Stunden-Betreuungs-Hotline für Risikogruppen unter 01 4000 4001 eingerichtet. Die Service-Nummer unterstützt auf Hilfe angewiesenen Personen (Risikogruppe), die keinerlei Unterstützung durch Angehörige oder Nachbarn erfahren, bei der Erledigung von Einkäufen oder der Besorgung von Medikamenten.
  • Anfragen von Coronavirus-Erkrankten oder Verdachtsfällen nimmt nach wie vor die Gesundheitshotline 1450 entgegen.
  • Unter der Telefonnummer 0800 555 621 können Sie rund um die Uhr Fragen rund um das Coronavirus stellen.
  • Häufig gestellte Fragen und Antworten zum neuartigen Coronavirus finden Sie auf der Website des Gesundheitsministeriums und auf der Webseite der AGES.
  • Auf der Website myth busters klärt die WHO über Mythen im Zusammenhang mit dem neuartigen Coronavirus auf.

So gehen wir mit dem Corona-Virus um

Aus Rücksicht auf die Gesundheit von Menschen mit Multipler Sklerose und deren Angehörige finden unsere nächsten Veranstaltungen online statt. Dies betrifft auch die Turn- und Selbsthilfegruppen. Das Team der MS-Gesellschaft Wien steht für Anfragen von Montag bis Freitag in der Zeit von 9:00 bis 13:00 Uhr zur Verfügung.

MS-Infoline: 0800 311 340

Wir halten Sie über unsere Website www.msges.at auf dem Laufenden.

Corona-Virus schwebt über einer Hand vor weißem Hintergrund, Text: Unsere Blog-Beiträge zum Thema Corona, Credit: Canva