Gewalt an Menschen mit Behinderungen

Das Forschungsprojekt „Erfahrungen und Prävention von Gewalt an Menschen mit Behinderungen“ wurde im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (BMASK) verfasst. Der  Fokus der österreichweit repräsentativen Erfassung unterschiedlicher Gewalterfahrungen von Menschen mit Behinderungen liegt auf erwachsenen Personen, die in Institutionen leben, die erhobenen Gewalterfahrungen beziehen sich aber auf alle Lebensbereiche und -phasen.

Symbolbild Gewalt: schreiende Frau mit geschlossenen Augen, ihr Kopf ist mit einer Schnur verspannt, Credit: Noah Buscher, Unsplash

Studie: Erfahrungen und Prävention von Gewalt an Menschen mit Behinderungen

Menschen mit Behinderungen sind in hohem Ausmaß von Gewalt betroffen. Die Studie zeigt deutlich, dass ein Aufwachsen in einem von Lieblosigkeit, Vernachlässigung und Gewalt geprägten Elternhaus den größten Risikofaktor darstellt, im gesamten Leben von Gewalt betroffen zu sein. Oftmals wird auch die Schule als Ort häufiger – insbesondere psychischer – Gewalterfahrung genannt. Ein besonderes Gewaltrisiko haben auch Menschen mit einer psychischen Erkrankung sowie Menschen mit einem erhöhten Unterstützungsbedarf, etwa bei der Körperpflege, bei der Kommunikation oder beim Aufbereiten von Informationen.

Die Erkenntnisse sollen zur Gewaltprävention und Unterstützung von gewaltbetroffenen Personen beitragen, „Good Practice-Beispiele“ aufzeigen und Institutionen, die sich mit Gewaltvorfällen auseinanderzusetzen haben, als Hilfestellung dienen. Die Forschungsperspektive orientiert sich an einem weiten Gewaltbegriff, der neben direkter und personaler Gewalt auch strukturelle Gewalt inkludiert, um die Vielfältigkeit und Komplexität der Gewalt- und Machtverhältnisse und deren Ursachen in den Blick zu bekommen.

„Jeder Übergriff, auch wenn er unbeabsichtigt erfolgt, ist einer zu viel. Diese Studie wurde in einem intensiven Diskussionsprozess mit Expertinnen und Experten erarbeitet und gibt erstmals eine umfassende Analyse für Österreich.“
Bundesministerin Brigitte Zarfl

Im Fokus der Studie stand die Erhebung von Daten über Gewalterfahrungen im Verlauf des Lebens von Menschen mit Behinderungen, die Einrichtungen der Behindertenhilfe nutzen, in psychosozialen Einrichtungen leben oder sich im Maßnahmenvollzug befinden. Insgesamt wurden bundesweit in 43 Einrichtungen Interviews mit 376 Menschen mit Behinderungen geführt. Weiters erfolgten 86 Interviews mit Personal der Einrichtungen sowie vertiefende Interviews mit 15 Menschen mit Behinderungen und 25 Expertinnen und Experten.

Wesentliche Ergebnisse der Studie sind der Schlüssel für eine gewaltfreie Umgebung ist eine Organisationskultur auf Basis der UN-Behindertenrechts-Konvention. Dazu gehören die Achtung der Würde der Person, Selbstbestimmung, Empowerment, Selbstvertretung und Partizipation. Die Einrichtungsgröße alleine lässt hingegen keinen Schluss auf ein mögliches Vorhandensein von Gewalt zu.

Empfohlen werden eigene Gewaltschutzkonzepte, Interventionspläne, ausreichendes und geschultes Personal sowie der barrierefreie Zugang zu Informationen.

Weiters zeigt die Untersuchung, dass – wie bei nichtbehinderten Menschen auch – ein Aufwachsen in einem von Lieblosigkeit und Gewalt geprägten Elternhaus den größten Risikofaktor darstellt, im gesamten Leben von Gewalt betroffen zu sein. Im Gegensatz dazu zeigt die Studie aber auch einige Good Practice-Beispiele auf und gibt eine Reihe von Empfehlungen ab, wie Gewalt verhindert werden kann.

Insgesamt zeigt die Studie, dass Menschen mit Behinderungen deutlich häufiger von Gewalt betroffen sind, als Menschen ohne Behinderungen. Eine besonders gefährdete Gruppe sind Menschen, die Unterstützungsbedarf bei Grundbedürfnissen wie beispielsweise der Körperpflege sowie bei der Kommunikation haben.

„Wichtig ist, die Ergebnisse und die Empfehlungen möglichst rasch zu verbreiten. Dieses Thema soll auch bei der Erstellung des neuen Nationalen Aktionsplans Behinderung eine wichtige Rolle einnehmen, damit Gewalt in Zukunft soweit als möglich verhindert werden kann“, so Sozialministerin Zarfl abschließend.

Einen wichtigen Beitrag leistete die Studienbegleitgruppe des Sozialministeriums, in dem die Behindertenorganisationen, der Behindertenanwalt, die Volksanwaltschaft, der unabhängige Monitoringausschuss, das Vertretungsnetz und das Land Wien vertreten waren.

Studie „Erfahrungen und Prävention von Gewalt an Menschen mit Behinderungen“ (PDF)

Quelle: Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz