MS-Familiendrama „Balanceakt“

Der Spielfilm „Balanceakt“ mit Hauptdarstellerin Julia Koschitz wurde am 29. Mai im ORF und am 26. August im ZDF gezeigt.

Ein einziger "Balanceakt": Als es gerade nicht schöner sein könnte, wird das Leben von Marie (Julia Koschitz) von einer Sekunde auf die andere auf den Kopf gestellt. In dem ZDF/ORF-Familiendrama von Regisseurin Vivian Naefe spielen in weiteren Rollen Franziska Weisz, David Rott, Jeremy Miliker und andere.

Ein einziger „Balanceakt“: Als es gerade nicht schöner sein könnte, wird das Leben von Marie (Julia Koschitz) von einer Sekunde auf die andere auf den Kopf gestellt. In dem ZDF/ORF-Familiendrama von Regisseurin Vivian Naefe spielen in weiteren Rollen Franziska Weisz, David Rott, Jeremy Miliker und andere.

Nachdem der ORF den Film „Balanceakt“ anlässlich des Welt MS Tages Ende Mai 2019 ausgestrahlt hatte, wurde Balanceakt im Zweiten Deutschen Fernsehen (ZDF) am 26. August gezeigt. Für Zuseherinnen in Deutschland und der Schweiz gibt es die Möglichkeit, „Balanceakt“ in der ZDF-Mediathek anzusehen.

Der Film war der Produzentin aufgrund eines MS-Falles in ihrem Umfeld auch ein persönliches Anliegen war. „Ziel war es, die Krankheit in all ihren Facetten einem breiteren Publikum nahezubringen und nichts zu beschönigen. Gleichzeitig wollten wir zeigen, dass man trotz MS das Leben bejahen kann, ohne den Film damit zu verkitschen“, erläutert Agnes Pluch, Drehbuchautorin von „Balanceakt“.

Im Familiendrama wird eine junge Frau – erfolgreich im Job, mit glücklicher Familie – aus heiterem Himmel mit der Diagnose Multiple Sklerose konfrontiert. Die Zuseherinnen und Zuseher können im Lauf des Films gut nachvollziehen, wie sich die Krankheit in der Folge auf Maries Leben und das ihrer Angehörigen auswirkt. „Bei meinen Recherchen hat sich gezeigt, dass sich ein ganzes Familiengefüge durch Multiple Sklerose verändern kann“, so die Drehbuchautorin. „Auch das wollten wir deutlich machen.“ Die Familie der MS-Betroffenen Marie im Film ist lange mit der neuen Situation überfordert: Ihr Vater zieht sich zurück, andere Familienmitglieder reagieren mit übertriebener Fürsorge. Am Ende stellt sich heraus: Alle müssen sich umstellen, aber das Familienleben kann weiter funktionieren.

Unsichtbares sichtbar machen

Auch unsichtbare Symptome werden im Film thematisiert: Fatigue (starke körperliche und geistige Müdigkeit), Harninkontinenz oder sexuelle Funktionsstörungen.

Die meisten Menschen verbinden mit Multipler Sklerose Einschränkungen beim Gehen bis hin zur Lähmung, aber an die unsichtbaren Symptome denkt kaum jemand. Dabei sind sie für die Betroffenen extrem belastend. Daher ist es wichtig, auch darüber aufzuklären. Wenn das familiäre und, falls möglich, auch das berufliche Umfeld Bescheid wissen, können sie auch viel besser reagieren und unterstützen. Dann kommt auch der oder die Betroffene mit der Krankheit gut zurecht.

Mit der Krankheit umzugehen lernt auch Marie und sagt irgendwann: „Ich lebe weiter. Nicht trotz der Krankheit, sondern mit ihr.“

 

 

Was war Ihnen in der Vorbereitung auf die Rolle besonders wichtig?

Ich habe mich sowohl mit Betroffenen, als auch mit Angehörigen unterhalten und viel über MS gelesen. Im Gespräch mit drei erkrankten Frauen zwischen 40 und 55, die wie Marie bis zu ihrer Diagnose erfolgreich im Berufsleben waren, eine Familie haben und ihr Leben sehr aktiv gestaltet haben, habe ich viele Parallelen zum Buch entdeckt. Erst kommt die Abwehr, das Negieren der Krankheit und die Überzeugung, dass man das bisherige Leben trotzdem so weiterführen kann – bis hin zum Zusammenbruch und der Erkenntnis, dass man sich auf eine maßgebliche Veränderung in seinem Alltag, in seiner Einstellung zum Leben und zu sich selbst einlassen muss – je nachdem natürlich wie schwerwiegend die Einschränkungen sind. Fast alle haben auch von positiven Erfahrungen erzählt. Uns allen war wichtig, Marie nicht als Opfer ihrer Umstände zu zeigen, sondern als Menschen, der selbstverantwortlich einen Umgang mit diesem Schicksalsschlag findet.

Was war der besondere Reiz daran, in diesem Film mitzuwirken?

Ich mochte den Ansatz der Autorin Agnes Pluch, die Geschichte lebensbejahend und auch mit Humor zu erzählen. Die Szenen mit der Schwester waren dabei für mich das Herzstück. Dass Franziska Weisz die Rolle der Kerstin übernommen hat, hat mich wahnsinnig gefreut, weil ich immer schon mit ihr spielen wollte und weil ich sie perfekt besetzt fand. Außerdem wollte ich schon ganz lange mit Vivian Naefe zusammenarbeiten, und hier ergab sich endlich die Gelegenheit. Sie schaut sehr genau hin und führt mit einer klaren Vorstellung und gleichzeitigen Offenheit – ein großes Geschenk für Schauspieler. Sie war mir ein ganz besonderer Partner und ich hoffe, dass wir bald wieder miteinander arbeiten. Vivian hat die Geschichte, wie ich finde, einfühlsam erzählt, ohne dabei sentimental zu werden. Was ich für dieses Thema sehr gelungen finde.

Welcher Aspekt des Drehbuchs war Ihnen besonders wichtig?

Ich wollte eine selbstbewusste, sinnliche Karrierefrau und Mutter zeigen, die plötzlich durch eine Krankheit aus ihrer Bahn geworfen wird. Diese Frau ist sehr modern und hat über alles Kontrolle. Sie liebt diese Kontrolle, und sie liebt das Leben. Und dann muss sie sich völlig umstellen. Die Entwicklung dieser Frau zu zeigen, wie sie schließlich ihr Schicksal annimmt, zu ihrer Krankheit steht und mutig weitermacht – nur eben anders, das war mir wichtig.

Wie haben Sie sich auf den Dreh vorbereitet? Konnten Sie sich mit Betroffenen beraten?

Meine Vorbereitung war meine Kindheit: Als ich acht war, starb meine Mutter an MS (deren Nebenerscheinung Lungenentzündung). Ihr Leiden hat mich zutiefst traumatisiert, ihre Krankheit führte mich in die Flucht vor der Realität und schließlich zum Filmemachen. Das wussten Sender und Produzenten nicht, als sie mir das Projekt antrugen. Ich empfand das Angebot, diesen Film zu machen, als schicksalshaft, als Chance, mich noch einmal mit dieser Krankheit auseinanderzusetzen. Ich habe dann außerdem zur Vorbereitung medizinische Fachliteratur gelesen, war bei der deutschen MS-Gesellschaft hier in München und kenne auch persönlich Erkrankte, mit denen ich mich zur Vorbereitung ausführlich unterhalten habe. Zusätzlich habe ich mich in Wien noch mit einem Neurologen beraten.

Was waren besondere Herausforderungen bei diesem Dreh?

Meine persönliche Herausforderung war meine innere Beteiligung am Schicksal MS. Die andere Herausforderung war: Ich wollte nicht, dass dieser Film larmoyant wird. Ich wollte, dass er auch leicht und witzig ist und Mut macht. Außerdem war ich sehr ehrgeizig darin, gleichzeitig authentisch und dabei doch leicht zu bleiben. Ich will die Zuschauer fesseln, auch mit so einem Thema.

War „Balanceakt“ Ihre erste Zusammenarbeit mit Julia Koschitz?

Es war meine erste Zusammenarbeit mit Julia Koschitz, und ich bin schwer beeindruckt von ihr und geradezu „verliebt“. Sie arbeitet 14 Stunden am Tag an ihrer Rolle, ist total akribisch und versinkt in dem Charakter, den sie spielt. Sie ist selbstkritisch, kraftvoll und kämpft um jede Nuance. Und dabei kann sie auch so wunderbar Humor spielen. Sie hat auch an den körperlichen Einschränkungen hingebungsvoll gearbeitet und das alles großartig gespielt. Sie ist einfach wunderbar, und ich möchte unbedingt wieder mit ihr arbeiten.

Franziska Weisz

Balanceakt zeigt, was eine Krankheit wie MS für eine ganze Familie bedeutet, ohne künstlich zu dramatisieren. Darüber hinaus wusste ich, dass mit Julia Koschitz die Rolle der Marie ideal besetzt sein würde. Unter der Führung von Vivian Naefe ist es meiner Meinung nach gelungen, dem Zuseher die Schwierigkeiten und seelischen Schmerzen dieser Krankheit näher zu bringen. Dennoch geht von der erkrankten Marie eine enorme und positive Kraft aus. Das an sich ist schon ein Balanceakt. Der Film zeigt, dass man diese Krankheit nicht besiegen kann. Man kann nur lernen, mit ihr zu leben. Marie tut es als Heldin, nicht als Opfer.

David Rott

An Vivian Naefes Inszenierungsansatz hat mir vor allem gefallen, dass sie sich der Krankheit Multiple Sklerose durch das Kämpfen um eine Familie und die Liebe nähert. Das macht es spannend. Axel ist Maries Mann und von Beruf freischaffender Musiker. Die Diagnose ihrer Krankheit verändert alles. Axel versucht, seine Frau aufzufangen. Als Partner und Liebender fühlt er sich irgendwann nicht mehr wahrgenommen. Die Krankheit ist vor allem, und sie stellt die Beziehung und die Liebe hart auf die Probe.

In einer Produktion der Mona Film mit Tivoli Film in Koproduktion mit ZDF und ORF wurde das von Vivian Naefe verfasste Drehbuch unter der Regie von Agnes Pluch verfilmt.

Buch Agnes Pluch
Regie Vivian Naefe
Kamera Christine A. Maier
Schnitt Vessela Martschewski
Szenenbild Florian Reichmann
Kostüme Christoph Birkner
Musik Martin Probst
Ton Hjalti Bager-Jonathansson
Produktion Mona Film mit Tivoli Film in Koproduktion mit ZDF und ORF, gefördert vom Fernsehfonds Austria und dem Filmfonds Wien
Herstellungs- und Produktionsleitung Carli Morbach
Producerin Gudula von Eysmondt
Produzenten Thomas Hroch, Gerald Podgornig
Redaktion Anja Helmling-Grob
Länge ca. 89 Minuten

 

Die Rollen und ihre Darsteller

Marie Julia Koschitz
Axel David Rott
Luis Jeremy Miliker
Kerstin Franziska Weisz
Edith Ulli Maier
Otto Peter Lerchbaumer
Dr. Herbert Pritz Dominik Warta
Rainer Stefan Pohl
Lehrerin Angelika Strahser
und andere

http://monafilm.tv/movie/balanceakt

Interviews und Fotos: ZDF & Petro Domenigg/Filmstills.at KG