10 Gründe für die Teilnahme an der EU-Wahl

Warum Menschen mit Behinderungen am 26. Mai in österreichischen Wahllokalen ihre Stimme abgeben sollen, legen wir mit 10 Argumenten dar.

10 Gründe für die Teilnahme an der Europawahl

 

 

„Die EU? Das sind doch nur Bürokraten. Warum sollte ich für sie stimmen? Diese Frage hören Vertreterinnen und Vertreter des European Disability Forum sehr häufig. „Das ist jedoch nicht richtig“, erklären sie. „Die EU hat große Auswirkungen auf das Leben von Menschen mit Behinderungen. Es gibt mehrere Initiativen, die die Lebensbedingungen von Menschen mit Behinderungen direkt verbessert oder dazu beigetragen haben, dass die EU-Länder sie verbessern.“

Die Wahlen zum Europäischen Parlament

Die Abgeordneten des Europäischen Parlaments (EP-Abgeordnete) werden in den EU-Mitgliedstaaten seit 1979 alle fünf Jahre in allgemeiner, geheimer, freier, gleicher und direkter Wahl gewählt. Bislang ist es jedoch auf europäischer Ebene noch zu keiner Einigung über ein für alle Mitgliedstaaten einheitliches Wahlrecht gekommen. Damit wählt jedes Land seine Abgeordneten nach den eigenen rechtlichen Bestimmungen.

Die nächsten Wahlen finden von 23. bis 26. Mai 2019 statt, in Österreich wird am 26. Mai gewählt.

10 Gründe, weshalb Menschen mit Behinderungen an den EU-Wahlen teilnehmen sollen

Sofern Sie nicht zu den rund 800.000 EU-Bürgerinnen und Bürgern gehören, die aufgrund diskiminierender Bestimmungen nicht wahlberechtigt sind, gibt es eine Reihe von Gründen, die für eine Wahlbeteiligung sprechen.

Grund 1: Weil die EU für Zugänglichkeit (Accessibility) eintritt

Grund 2: Weil die EU Menschen mit Behinderungen bei der Arbeit schützt

Grund 3: Weil EU-Gelder die Inklusion von Menschen mit Behinderungen unterstützen

Grund 4: Weil Menschen mit Behinderungen ihren Parkausweis in allen EU-Ländern verwenden können

Grund 5: Weil Menschen mit Behinderungen in einem anderen Land leben können und trotzdem (einige) Sozialleistungen erhalten

Grund 6: Weil Menschen mit Behinderungen in einem anderen EU-Land ins Krankenhaus gehen können

Grund 7: Weil Menschen mit Behinderungen einen EU-Behindertenausweises erhalten

Grund 8: Weil Menschen mit Behinderungen als Volunteers freiwillig arbeiten und/oder im Ausland studieren können – und Unterstützung dafür bekommen

Grund 9: Weil 800.000 Menschen wählen möchten, aber nicht können

Grund 10: Weil Menschen mit Behinderungen gemeinsam besser kämpfen können

 

Grund 1: Weil die EU für Zugänglichkeit (Accessibility) eintritt

Die EU-Institutionen haben hart daran gearbeitet, sicherzustellen, dass sowohl die physische als auch die virtuelle Welt für Menschen mit Behinderungen besser zugänglich sind. Unter anderem sind öffentliche Verkehrsmittel und öffentliche Websites zugänglicher geworden. So sind beispielsweise Flughäfen verpflichtet, Menschen mit Behinderungen zu unterstützen. Darüber hinaus sind die EU-Länder verpflichtet, alle neuen Bahnhöfe zugänglich zu machen. Die EU hat sich kürzlich auf ein Gesetz geeinigt, durch das uns viele Produkte und Dienstleistungen zugänglicher werden.

Diese Gesetze, die zum Teil von den EU-Ländern in ihre nationalen Gesetze umgesetzt werden müssen, haben nicht nur die Zugänglichkeit in der gesamten EU verbessert, sondern auch dazu beigetragen, dass einige Länder noch mehr getan haben.

Wichtig zu wissen: Die Gesetze, die die EU verabschiedet, sind „Mindeststandards“. Dies bedeutet, dass ein EU-Recht (anders als manche Leute denken) die Rechte, die Sie bereits haben, nicht reduzieren kann. Beispielsweise verpflichtet die EU die Länder, alle neuen und umgebauten Bahnhöfe zugänglich zu machen, aber natürlich können die Mitgliedstaaten auch noch mehr tun und alte Bahnhöfe in das Gesetz aufnehmen.

Grund 2: Weil die EU Menschen mit Behinderungen bei der Arbeit schützt

Im Jahr 2000 hat die EU ein Gesetz verabschiedet, das Diskriminierung am Arbeitsplatz verbietet. Dies bedeutet, dass Menschen mit Behinderungen vor Diskriminierung geschützt sind, wenn sie arbeiten oder eine berufliche Ausbildung haben. Dies bedeutet auch, dass Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber den Arbeitsplatz an Beschäftigte mit Behinderungen anpassen müssen.

Die Situation ist zwar alles andere als perfekt, aber aufgrund dieses Gesetzes können Menschen mit Behinderungen vor Gericht gehen oder die Unterstützung einer Antidiskriminierungsinstitution einholen, wenn sie beispielsweise bei der Bewerbung auf einen Arbeitsplatz diskriminiert und entlassen wurden oder wenn der Arbeitgeber die erforderlichen Anpassungen für die Arbeit verweigert.

Grund 3: Weil EU-Gelder die Inklusion von Menschen mit Behinderungen unterstützen

EU-Geld half Selina, ihren Traumjob in Österreich zu finden. Mit EU-Geldern finanzierte Nicolas die Teilnahme an einem Projekt zwischen Frankreich und Spanien über das Wahlrecht für Menschen mit Behinderungen. Es unterstützt griechische Menschen mit Behinderungen, unabhängig zu leben. Mit dem Geld werden Krankenhäuser in Portugal errichtet. Es wird verwendet, um Häuser zu renovieren und zugänglicher zu machen.

Viele Europäerinnen und Europäer werden unwissentlich mit EU-Mitteln unterstützt. Trotz ihrer Beschwerden sind sogar die reichsten Länder auf EU-Gelder angewiesen, um Personen mit weniger Möglichkeiten und Ausgrenzungsrisiko zu unterstützen.

Grund 4: Weil Menschen mit Behinderungen ihren Parkausweis in allen EU-Ländern verwenden können

Menschen mit Behinderungen haben möglicherweise Anspruch auf die EU-Parkkarte. Dieser Parkausweis ist in allen EU-Ländern anerkannt und ermöglicht das Parken in reservierten Parkplätzen in der gesamten EU. Wenn Sie sich entscheiden, in ein anderes EU-Land zu reisen oder dort zu leben, müssen Sie nicht immer und immer wieder eine Parkkarte für Behinderte beantragen. Sie erhalten Ihren Parkausweis bei der zuständigen Behörde des Landes, in dem Sie leben.

Grund 5: Weil Menschen mit Behinderungen in einem anderen Land leben können und trotzdem (einige) Sozialleistungen erhalten

EU-Bürgerinnen und -Bürger können in ein anderes EU-Land umziehen und trotzdem Anspruch auf Sozialleistungen haben. Sie können zum Beispiel in ein anderes EU-Land umziehen und Ihre ursprüngliche Altersrente behalten. Für Leistungen bei Invalidität ist dies komplizierter: Sie haben Anspruch auf Invaliditätszulage auf dem Niveau eines Staatsangehörigen dieses Landes, müssen jedoch einen Antrag stellen und einen neuen Prozess zur Bewertung der Behinderung durchlaufen.

Während die EU die Systeme der sozialen Sicherheit koordiniert, sind einige EU-Länder immer noch nicht vollständig an Bord. Beispielsweise haben sie vor einigen Wochen neue Regeln abgelehnt, die ein stärker integriertes System schaffen würden. Deshalb sollten Menschen mit Behinderungen wählen und für Politiker stimmen, die sich für die Bewegungsfreiheit von Menschen mit Behinderungen interessieren.

Grund 6: Weil Menschen mit Behinderungen in einem anderen EU-Land ins Krankenhaus gehen können

Haben Menschen mit Behinderungen bei einem Besuch in einem anderen EU-Land einen Unfall oder werden krank, können die dank der Europäischen Krankenversicherungskarte (European Health Insurance Card) unter den gleichen Bedingungen wie Staatsangehörige dieses Landes medizinische Hilfe beanspruchen. Auf diese Weise müssen Reisen nicht aufgrund unerschwinglicher Gesundheitskosten verkürzt werden.

Achtung: Die Karte kann nicht für eine geplante Behandlung im Ausland verwendet werden.

Grund 7: Weil Menschen mit Behinderungen einen EU-Behindertenausweises erhalten

european disability card, EU-BehindertenausweisWenn Sie derzeit ein anderes EU-Land besuchen, werden Ihre Behindertenunterlagen möglicherweise aus verschiedenen Gründen (unterschiedliche Formate, Sprachen, Bewertung der Behinderung) nicht anerkannt. Der EU-Behindertenausweis, ein Projekt, das in acht EU-Ländern läuft, wird all dies verhindern, indem er überall eine Karte im gleichen Format erstellt. Dies bedeutet, dass Sie Zugang zu vergünstigten Kultur- und Freizeitangeboten haben: Museum, Sportanlagen, Transport usw.

Um Menschen mit Behinderungen das Reisen zwischen den EU-Ländern zu erleichtern, entwickelt die EU ein System der gegenseitigen Anerkennung auf der Grundlage eines EU-Behindertenausweises, der gleichberechtigten Zugang zu bestimmten Vergünstigungen verschaffen wird, hauptsächlich in den Bereichen Kultur, Freizeit, Sport und Verkehr. Der Ausweis wird von den am System auf freiwilliger Basis teilnehmenden Ländern gegenseitig anerkannt werden.

 

Im Februar 2016 wurde ein Pilotprojekt eingeleitet. Gleichzeitig wurde der Ausweis in einer ersten Gruppe von acht EU-Ländern eingeführt, nämlich Belgien, Zypern, Estland, Finnland, Italien, Malta, Slowenien und Rumänien. Die Auswahl dieser Länder erfolgte im Anschluss an eine 2015 veröffentlichte Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen für nationale Projekte zur Einführung eines gegenseitig anerkannten Europäischen Behindertenausweises und damit verbundener Vergünstigungen. Die nationalen Berechtigungskriterien und Bestimmungen bleiben vom Ausweis unberührt. Es bleibt weiterhin den Mitgliedstaaten überlassen, auf der Grundlage der nationalen Definition des Begriffs „Behinderung“ darüber zu entscheiden, wer Anspruch auf den Ausweis hat, und die Modalitäten seiner Ausstellung festzulegen. Da die Karte derzeit nur in 8 EU-Ländern existiert, können Sie die EU davon überzeugen, sie auf alle Länder auszudehnen. Wie? Durch die Abstimmung im Mai!

Grund 8: Weil Menschen mit Behinderungen als Volunteers freiwillig arbeiten und/oder im Ausland studieren können – und Unterstützung dafür bekommen

Das Programm ERASMUS + bietet Studierenden, die ein Semester oder ein Jahr in einem anderen EU-Land verbringen möchten, finanzielle Unterstützung. Dieses Programm berücksichtigt die zusätzlichen Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen: Sie haben Anspruch auf finanzielle Unterstützung zur Deckung zusätzlicher Kosten, beispielsweise für persönliche Unterstützung oder barrierefreien Wohnraum.

Das Europäische Solidaritätskorps (European Solidarity Corps) ist ein Programm, das Freiwilligentätigkeiten in einem anderen EU-Land finanziell unterstützt.

Grund 9: Weil 800.000 Menschen wählen möchten, aber nicht können

800.000 EU-Bürgerinnen und -Bürger können nicht wählen, weil sie diskriminierende Gesetze aufgrund ihrer Behinderung ausschließen. Dies gilt es zu ändern.

Grund 10: Weil Menschen mit Behinderungen gemeinsam besser kämpfen können

Die EU kann und sollte mehr Rechtsvorschriften für die Zugänglichkeit (Accessibility) haben. Sie kann und sollte mehr Mittel für Menschen mit Behinderungen bereitstellen. Sie kann und sollte Gesetze verabschieden, die Menschen mit Behinderungen in allen Bereichen ihres Lebens vor Diskriminierung schützen. Mit der Abstimmung sagen Sie den Politikerinnen und Politikern, dass Sie ein Europa wollen, das sich um Menschen mit Behinderungen kümmert, und dass sie mehr dafür tun müssen.

Einige Kandidatinnen und Kandidaten für die EU-Parlamentswahlen 2019 bekennen sich zu den Rechten von Menschen mit Behinderungen innerhalb der EU (commitment to disability).

Das European Disability Forum sammelt Geschichten, bei denen es um Armut und/oder soziale Exklusion von Menschen mit Behinderungen geht.
Unter folgendem Link können Sie sich beteiligen. Die Ergebnisse der Umfrage sind für den Report des Sozialpolitik und Inklusionsforum des EDF gedacht.

Europawahl.eu

Die Webseite des Europäischen Parlaments www.europawahl.eu bietet umfangreiche Antworten zu Fragen zur Wahl sowie aktuellste Informationen zur Wahl, den bisherigen Wahlergebnissen sowie neueste Prognosen.

Diesmal wähle ich

Die Plattform diesmalwaehleich.eu wurde vom Europäischen Parlament in 24 Sprachen online gestellt. Sie unterstützt zehntausende Freiwillige in allen Mitgliedstaaten, die sich aktiv für eine Teilnahme an der Europawahl einsetzen.

Das tut die EU für mich

Die  vom wissenschaftlichen Dienst des Europäischen Parlaments zusammengestellte Webseite what-europe-does-for-me.eu zeigt, wie Bürgerinnen und Bürger aus den einzelnen Regionen von der EU profitieren.

Mitglieder des Europäischen Parlaments

Auf der Website des Europäischen Parlaments werden Informationen zu allen Mitgliedern des Europaparlaments zur Verfügung gestellt.

Parteien die kandidieren, Bewerberinnen und Bewerber

Die Bundeswahlbehörde hat für die Europawahl 2019 die auf dem amtlichen Stimmzettel aufscheinenden Wahlvorschläge veröffentlicht.
Wenn Sie über die Wahlvorschläge Näheres erfahren möchten, klicken Sie bitte auf die jeweilige Parteibezeichnung.

Liste Nr. Kurzbezeichnung Parteibezeichnung
1 ÖVP Österreichische Volkspartei (35 KB)
2 SPÖ Sozialdemokratische Partei Österreichs (37,7 KB)
3 FPÖ Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) – Die Freiheitlichen (55,9 KB)
4 GRÜNE Die Grünen – Grüne Alternative (57,8 KB)
5 NEOS NEOS – Das Neue Europa (49,1 KB)
6 KPÖ KPÖ Plus – European Left, offene Liste (57 KB)
7 EUROPA EUROPA Jetzt – Initiative Johannes Voggenhuber (37,4 KB)

Amtlicher Stimmzettel (563,4 KB)

> Leichter Lesen-Texte der Europawahlen

Wahlkabine zur EU-Wahl 2019

Seit über 15 Jahren bietet wahlkabine.at faktenbasierte und thematisch breit aufgestellte Informationen zu Wahlen an. Am 26. Mai 2019 finden in Österreich die Wahlen zum Europäischen Parlament statt. Diese Wahlen sind wahlkabine.at ein besonders Anliegen, vor allem wegen der traditionell geringen Wahlbeteiligung bei Europa-Wahlen. Umso wichtiger ist es, dass alle sieben in Österreich zur EU-Wahl 2019 antretenden Parteien diesmal die Fragen des wahlkabine.at Redaktionsteams beantwortet haben.

wahlkabine.at stellt 25 Fragen zu aktuellen europapolitischen Themen

Mit Fragen zu einem europäischen Mindestlohn, zur Asylthematik oder einem EU-weiten Kohleausstieg bietet wahlkabine.at so einen breiten Überblick zu wichtigen Inhalten. Sie können sich über kontroverse Debatten, aber auch über die weniger sichtbaren Fragen europäischer Politik informieren und Gedanken machen. Die Wahlkabine dient nicht dazu, eine Wahlempfehlung zu generieren, sondern ist eine Orientierungshilfe, die dabei unterstützt, eigenen Standpunkte mit jenen der Parteien zu vergleichen.

Quelle: European Disability Forum, Europäisches Parlament, Innenministerium, Wahlkabine.at