Am 12. Oktober 2017 einigten sich sämtliche Fraktionen im Nationalrat auf eine Erhöhung der Mittel zur beruflichen Integration behinderter Menschen.

In der letzten Nationalratssitzung vor der nahenden Nationalratswahl fand am 12. Oktober kurz vor Mitternacht der Gesetzesantrag der SPÖ für behinderte Menschen Zustimmung. So kamen sämtliche Fraktionen überein, die Budgetmittel zur beruflichen Integration behinderter Menschen zu erhöhen.

Verdoppelung des Budgets für berufliche Integration behinderter Menschen

Die Abgeordneten beschlossen einstimmig die Initiative der SPÖ in der Fassung eines SPÖ-Abänderungsantrages, die Budgetmittel für die berufliche Integration behinderter Menschen zu verdoppeln. So sollen im kommenden Jahr 90 Millionen Euro aus allgemeinen Budgetmitteln für Maßnahmen der beruflichen Inklusion für Menschen mit Behinderung zur Verfügung gestellt und der Betrag danach jährlich valorisiert werden. Darüber hinaus soll der Rechtsschutz beim Vorliegen von Diskriminierungen verbessert und der Monitoringausschuss, welcher die Einhaltung der UN-Behindertenrechtskonvention in Österreich überwacht, durch ein höheres Budget und Unabhängigkeit gestärkt werden.

Der Antrag sieht darüber hinaus – samt SPÖ-Abänderung –  im Sinne eines besseren Rechtsschutzes vor, dem Behindertenanwalt und dem Klagsverband die Befugnis zur Einbringung einer allgemeinen Verbandsklage einzuräumen und dieses Instrument auszuweiten. Künftig wird es möglich sein, große Kapitalgesellschaften auf Unterlassung und Beseitigung einer Diskriminierung behinderter Menschen zu klagen. Die Verankerung eines individuellen Klagsrechts ist im Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz auf Unterlassung einer Belästigung enthalten.

Der von Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ) eingebrachte Abänderungsantrag umfasste – neben einzelnen Klarstellungen und redaktionellen Korrekturen – auch, dass im Sinne eines vermehrten gesellschaftlichen Diskurses der Bericht des Behindertenanwalts künftig im Nationalrat behandelt wird.  Mit dem Paket werde ein Riesenschritt in Richtung Gleichstellung und Teilnahme an beruflichen und gesellschaftlichen Leben für Menschen mit Behinderung gesetzt, so Königsberger-Ludwig. Behindertenpolitik sei eine Querschnittsmaterie und das Bohren harter Bretter, hier sei das Zusammenwirken vieler Akteure und Expertinnen und Experten in eigener Sache erforderlich.

Auch für Helene Jarmer (Grüne) ist das Thema ein großes Anliegen. Es handle sich um ein Viertel der Bevölkerung, das direkt oder indirekt betroffen sei. Diese Gruppe erwarte sich von der Politik, dass diese für Gleichstellung kämpft. Jarmer verwies zudem auf zahlreiche wichtige Anträge der Opposition, die leider in der Schublade gelandet seien. Außerdem kritisierte sie, dass es bisher keine Transparenz gebe, ob und wieviel für Maßnahmen für behinderte Menschen tatsächlich ausgegeben wird.

Sozialminister Alois Stöger geht es grundsätzlich um Respekt für Menschen, die es in dieser Gesellschaft nicht so leicht haben. Als Teil der Gesellschaft brauchen sie mit gleicher Würde Unterstützung. Das vorliegende Inklusionspaket sei ein Meilenstein, appellierte er an die ÖVP, hier mitzugehen und dem Behindertenanwalt das Klagsrecht zuzugestehen. Paternalistisch mit Menschen mit Behinderung umzugehen, müsse endlich überwunden werden, so der Sozialminister. Alle seien eingeladen aufzupassen, dass Menschen mit Behinderung ihren Platz in der Gesellschaft haben. Explizit bedankte er sich beim bisherigen ÖVP-Behindertensprecher Franz-Joseph Huainigg für seine wichtige Arbeit.

Für Michael Hammer (ÖVP) ist es ein wichtige Aufgabe, sich für Menschen mit Behinderungen zu engagieren und für Schwächere in der Gesellschaft einzutreten, die Unterstützung in der beruflichen Integration benötigen. Die ÖVP unterstütze den Antrag grundsätzlich, sehe aber zwei Punkte differenziert. Einerseits sollten die Mittel aus AMS und Sozialministerium und nicht aus allgemeinen Budgetmitteln kommen, so Hammer. Er brachte dazu seinerseits einen Abänderungsantrag ein. Darin forderte er auch, dass das Instrument der Verbandsklage weiterhin an eine Empfehlung des Bundesbehindertenbeirats gebunden sein müsse. In der getrennten Abstimmung blieben diese Punkte in der Minderheit.

Für Dagmar Belakowitsch (FPÖ) ist ein wesentlicher Aspekt, Menschen mit Behinderungen ins Bewusstsein zu bringen. Die Arbeitslosenrate sei in der Gruppe doppelt so hoch wie bei anderen, was eine sehr bedenkliche Situation darstelle. Das vorliegende Inklusionspaket ist für Belakowitsch mehr als nur eine finanzielle Hilfe, sondern auch dafür wichtig, ein Umdenken in der Bevölkerung zu schaffen.

> Behindertengleichstellungsgesetz (155. Bundesgesetz, mit dem das Behinderteneinstellungsgesetz, das Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz und das Bundesbehindertengesetz geändert werden)

Quelle: Parlamentskorrespondenz

12. Oktober 2017