Corona-Virus und Multiple Sklerose

Wichtige Infos zum Umgang mit der Corona-Virus-Pandemie für Menschen mit Multipler Sklerose vom 6. Mai 2020.

Reden hilft.

Liebe MS-Community, liebe Mitglieder,

der Umgang mit dem Corona-Virus wirft für Menschen mit MS und Angehörige nicht nur medizinische und arbeitsrechtliche Fragen auf. Unser aller Leben hat sich von einem Tag zum anderen vorübergehend komplett verändert, die Situation erscheint manchmal sogar bedrohlich. Die gewohnte Bewegungsfreiheit ist eingeschränkt, Unsicherheit und Ängste begleiten vielleicht noch mehr als sonst den Alltag. Diese Ausnahmesituation, in der wir derzeit leben, kann psychisch sehr belastend sein.

Sie können uns Montag bis Freitag von 09:00 bis 13:00 Uhr über die MS-Hotline 0800 311 340 erreichen. Rufen Sie uns an, wir sind gerne für Sie da!

Karin Krainz-Kabas, Geschäftsführerin Multiple Sklerose Gesellschaft Wien, Foto: Johannes Zinner

Karin Krainz und das Team der MS-Gesellschaft Wien

Einschätzung des Risikos für MS-Betroffene

Nach bisherigen Erkenntnissen gibt es Personengruppen, die ein höheres Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf haben. Bezogen auf die MS sind das folgende Personengruppen:

Ältere Personen

Die Fähigkeit des Immunsystems, sich gegen Infektionen der Lunge u.ä. zu wehren, nimmt ab dem 50./60. Lebensjahr ab. Daher können ältere Personen – unabhängig von einer begleitenden anderen Erkrankung – häufiger Komplikationen der Atemwege haben. Da Fieber im höheren Alter seltener auftritt, kann es länger dauern, bis die Erkrankung festgestellt wird.

Personen mit eingeschränkter Beweglichkeit

Menschen, die auf einen Rollstuhl angewiesen oder bettlägerig sind, haben aufgrund der weniger guten Belüftung der Lunge ein erhöhtes Risiko für Atemwegserkrankungen. Da das Corona-Virus Infektionen der Atemwege verursacht, besteht für diese Personen ein erhöhtes Risiko.

Personen mit Medikamenten, die das Immunsystem unterdrücken

Zur Behandlung der MS werden Medikamente eingesetzt, die einen Einfluss auf das Immunsystem haben und die Abwehr gegen Virusinfektionen herabsetzen können. Im Detail bedeutet das folgendes:

Menschen mit Multipler Sklerose ohne immunmodulierende Therapie haben kein erhöhtes Risiko für schwerere Verläufe – es sei denn, es bestehen andere Risikofaktoren wie oben beschrieben (Alter, eingeschränkte Beweglichkeit) oder zusätzliche andere chronische Erkrankungen (z.B. Diabetes, Herz-Kreislauferkrankungen, Lungenerkrankungen, …).

Unter Therapie mit einem Interferon-beta Präparat (Avonex®, Rebif®, Plegridy®, Betaferon®, Extavia®) oder mit Glatirameracetat (Copaxone®, Perscleran®) ist von keinem erhöhten Risiko für einen schweren Verlauf auszugehen.

Bei Dimethylfumarat (Tecfidera®) und Teriflunomid (Aubagio®) und normalen Lymphozytenzahlen (weißen Blukörperchen) ist nicht von einem erhöhten Risiko auszugehen.

Unter Therapie mit Fingolimod (Gilenya®) und Siponimod (Mayzent®) besteht ein erhöhtes Risiko für Infektionen der Atemwege. Die Therapie sollte aber dennoch fortgeführt werden, um eine Wiederkehr der Krankheitsaktivität zu verhindern. In diesen Fällen spielt der Schutz vor einer Infektion (siehe unten „Expositionsprophylaxe“) eine ganz besondere Rolle.

Natalizumab (Tysabri®) führt – nach aktueller Einschätzung – nicht zu einem erhöhten Risiko für Atemwegserkrankungen.

Therapien, die die Zahl der verfügbaren Abwehrzellen über die Dauer der Anwendung hinaus reduzieren (Cladribin (Mavenclad®), off-label Rituximab, Ocrelizumab (Ocrevus®), Alemtuzumab (Lemtrada®), Mitoxantron, Cyclophosphamid) erhöhen das Infektionsrisiko besonders in den ersten Wochen nach der Einnahme /Infusion.

Eine Schubtherapie mit hochdosiertem Kortison kann das Infektionsrisiko vorübergehend erhöhen. Inwieweit die Schubtherapie notwendig ist, sollte individuell entschieden werden.

Die Verabreichung bzw. Neueinstellung auf Medikamente, bei denen ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf besteht, kann bei entsprechender Nutzen/Risiko-Abwägung verschoben werden.

Nur in Einzelfällen, vor allem wenn mehrere Risikofaktoren (immunsuppressive Therapie, Begleiterkrankungen, Alter, andere besondere Umstände) bestehen, kann eine Therapiepause individuell diskutiert werden. Das individuelle Risiko einer Wiederkehr der Krankheitsaktivität muss hierbei gegen das Infektionsrisiko abgewogen werden. In einer solchen Situation muss besonders Augenmerk auf den Schutz vor einer Infektion („Expositionsprophylaxe“) gelegt werden.

Personen mit MS gehören nach derzeitigem Wissen nicht grundsätzlich einer Risikogruppe an. Zur Einschätzung des Risikos, bei bestehender MS einen schweren Verlauf einer Covid-19-Infektion zu erleiden, werden Alter, Ausmaß der Behinderung, Mobilität, die aktuelle krankheitsmodifizierende Therapie, Begleiterkrankungen und der Arbeitsplatz herangezogen. Dies sind allgemeine Richtlinien, die zur Orientierung dienen. Im Einzelfall muss das individuelle Risiko jeder einzelnen Patientin bzw. jedes einzelnen Patienten durch den behandelnden Neurologen/Neurologin beurteilt werden.

Schutz vor der Infektion mit dem COVID-2019

  • Die wichtigste Maßnahme, um die Erkrankung einzudämmen, ist derzeit die sogenannte Expositionsprophylaxe, d.h. den Kontakt mit möglichen Überträgern oder bereits infizierten Personen zu vermeiden.
  • Das Corona-Virus wird nach heutigem Stand über Tröpfchen-Infektion übertragen. Daher gelten folgende Schutzmaßnahmen:
  • Sehr wichtig ist die Reduktion sozialer Kontakte.

Daher sollen Orte mit engem Kontakt zu anderen Personen (privat, beruflich, öffentliche Veranstaltungen und voll besetzte öffentliche Verkehrsmittel soweit möglich) nach Möglichkeit vermieden werden. Ein Abstand zu anderen Personen von 1 bis 2 Metern wird empfohlen.

  • Viele Firmen empfehlen ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, zuhause zu arbeiten. Ab nächster Woche werden Schulen und Kindergärten vorübergehend geschlossen bzw. der Betrieb wird deutlich eingeschränkt. Eine vorübergehende Freistellung vom Arbeitsplatz für MS-Betroffene ist sinnvoll, besonders wenn eine Therapie mit einem immunsuppressiven Medikament besteht.
  • Aufsuchen von Ordinationen und Krankenhausambulanzen nur, wenn dringend notwendig
  • Reisetätigkeit einschränken
  • Regelmäßiges Händewaschen und -Desinfizieren
  • Bedecken von Mund und Nase mit Taschentuch oder Ellbogen beim Husten und Niesen
  • Lebensmittelhygiene

Diese Information wurde am 12. März 2020 von Univ.-Prof. Dr. Barbara Kornek erstellt.

Quellen: Bundesministerium für Gesundheit und Soziales; Robert Koch Institut für Krankheitsüberwachung und Prävention, Berlin; Deutsche MS-Gesellschaft, Infection Risks Among Patients With Multiple Sclerosis Treated With Fingolimod, Natalizumab, Rituximab, and Injectable Therapies. Luna G et al, Jama Neurol 2019 epub 2019.3365. Peripheral CD19+ B-cell counts and infusion intervals as a surrogate for long-term B-cell depleting therapy in multiple sclerosis and neuromyelitis optica/neuromyelitis optica spectrum disorders. Ellrichmann G. et al., J Neurol. 2019 Jan;266(1):57-67

Wer zählt zu Coronavirus-Risikogruppen?

International werden hinsichtlich vulnerabler Gruppen und in Bezug auf einen schweren Krankheitsverlauf durch eine SARS-CoV-2/Covid-19-Infektion zumeist ältere Menschen und Menschen mit chronischen Erkrankungen als Risikogruppen genannt.

Grafische 3D-Darstellung eines mit Glykoprotein-Tuberkeln besetzten Masernvirus-Partikels. Credit: Public Health Image Library from the Centers for Disease Control and Prevention (CDC)

Österreich hat sich unter Berücksichtigung der Definitionen der wichtigsten Institutionen (WHO, ECDC, RKI, BAG, NHS, CDC) auf folgende vulnerable Gruppen festgelegt:

  • ältere Menschen (65+)
    – insbesondere mit chronischen Erkrankungen
  • Menschen mit chronischen Erkrankungen
  • als chronische Erkrankungen, nach aktueller Evidenz, gelten:
    – (chronische) Atemwegs- bzw. Lungenerkrankungen inkl. COPD
    – Diabetes
    – Herzkreislauferkrankungen
    – Krebserkrankungen
    – Bluthochdruck
    Erkrankungen und Therapien, die das Immunsystem schwächen

Nach derzeitigem Wissen zählen Menschen mit MS, die keine Therapie erhalten, nicht zu den Risikogruppen – außer sie sind > 65 Jahre alt und/oder nicht mobil.

Zur Einschätzung des Risikos, bei bestehender MS einen schweren Verlauf einer Covid-19-Infektion zu erleiden, werden Alter, Ausmaß der Behinderung, Mobilität, die aktuelle krankheitsmodifizierende Therapie, Begleiterkrankungen und der Arbeitsplatz herangezogen. Dies sind allgemeine Richtlinien, die zur Orientierung dienen. Im Einzelfall muss das individuelle Risiko jeder einzelnen Patientin bzw. jedes einzelnen Patienten durch den behandelnden Neurologen/Neurologin beurteilt werden.

Die aktuelle Situation führt bereits zu einer großen Verunsicherung von vielen gesunden Menschen. Umso mehr können zusätzliche Fragen bei Menschen mit chronischen Erkrankungen wie MS auftreten. Wir bemühen uns auch weiterhin, Ihre Fragen so gut wie möglich telefonisch oder per E-Mail zu beantworten.

Mehr Informationen finden Sie auf den Internetseiten der Arbeitsinspektion und der Arbeiterkammer.

Die wichtigsten und effektivsten Maßnahmen zum persönlichen Schutz sowie zum Schutz von anderen Personen vor der Ansteckung mit Erregern respiratorischer Infektionen sind eine gute Händehygiene, korrekte Hustenetikette und das Einhalten eines Mindestabstandes (ca. 1 bis 2 Meter) von krankheitsverdächtigen Personen.

Die allgemeine Aufforderung, soziale Kontakte zu vermeiden und nach Möglichkeit zu Hause zu bleiben, gilt für Angehörige von Risikogruppen ganz besonders.

Weitere Informationen

MS-Hotline

Telefon: 0800 311 340
Mo-Fr 9:00 bis 13:00 Uhr

Sozialversicherung

Coronavirus-Hotline der AGES unter der Hotline 0800 555 621

covid19.risikoattest@sozialversicherung.at

Empfehlungen zur individuellen Risikoanalyse für einen schweren Krankheitsverlauf

Nachbarschafts-Telefon für Wienerinnen und Wiener

Alle Wienerinnen und Wiener, die Unterstützung in ihrer Nachbarschaft brauchen, können sich werktags von 9:00 bis 16:00 Uhr beim Nachbarschafts-Telefon 01 24503-25960 melden. Es ergänzt die zentrale Hotline der Stadt, die für allgemeine Anfragen da ist.

Die Telefonnummer von wohnpartner ist telefonische Anlaufstelle für nachbarschaftliche Fragen und Sorgen – wie können wir v.a. älteren Mitmenschen im Alltag helfen, ohne sie oder sich selbst zu gefährden? Was tun Kinder ohne Park und Spielplatz? Was sind Spiel-, Lern- und Beschäftigungsmöglichkeiten, damit Kindern und Jugendlichen zuhause nicht die Decke auf den Kopf fällt?

Für Fragen im eigenen Bezirk bzw. Grätzel sind die neun wohnpartner-Hauptlokale zuständig. Auch sie sind telefonisch zwischen 9 und 16 Uhr (montags bis freitags) telefonisch erreichbar und bieten u.a. folgende Services an:

  • Telefonische Beratung in Sachen Nachbarschaft
  • Vernetzung der Mieterinnen und Mieter
  • Aufnahme von individuellen Bedürfnissen und Suche nach    entsprechenden Angeboten/Hilfestellungen
  • Aufnahme von freiwilligen Hilfsangeboten und Vermittlung
  • Förderung von Nachbarschaftsinitiativen und Ideen wie Bücher-, Spiele- und Pflanzentauschbörsen, wobei natürlich die Sicherheitsvorschriften eingehalten (Abstellung vor der Haustüre, Sicherheitsabstände, etc.) werden.
  • Sammeln, Sichten und Umsetzen von weiteren Ideen der Bewohnerinnen und Bewohner
  • Kommunikation über bereits existierende Facebookgruppen

Telefonnummern der Hauptlokale

Weitere Informationen finden Sie auf der Info-Seite der Stadt Wien zum Corona-Virus

Corona für Kinder leicht erklärt

Was ist Corona überhaupt und wieso sieht man es nicht? Warum ist kein Kontakt zu Oma und Opa möglich und warum ist Händewaschen so wichtig? Antworten auf all diese Fragen von Kindern gibt ab sofort neues Erklärvideo der Stadt Wien.

Quarantäne und Isolation gut überstehen

Der Umgang mit dem neuartigen Corona-Virus wirft für Menschen mit MS und Angehörige nicht nur medizinische und arbeitsrechtliche Fragen auf. Unser aller Leben hat sich von einem Tag zum anderen vorübergehend komplett verändert, die Situation erscheint manchmal sogar bedrohlich. Die gewohnte Bewegungsfreiheit ist eingeschränkt, Unsicherheit und Ängste begleiten vielleicht noch mehr als sonst den Alltag. Diese Ausnahmesituation, in der wir derzeit leben, kann psychisch sehr belastend sein.

Die gute Nachricht: Es gibt klare, wissenschaftlich erforschte und bewährte Verhaltensmaßnahmen und mentale Strategien, die es ermöglichen, diese Ausnahmesituation zu meistern.

Von Montag bis Freitag in der Zeit von 09.00 bis 13.00 Uhr erreichen Sie über unter der kostenfreien MS-Hotline 0800 311 340 das aus Psychotherapeutinnen, Sozialarbeiterinnen und Sozialberaterinnen bestehende Team der Multiple Sklerose Gesellschaft Wien. Wir nehmen uns immer ausreichend Zeit für Ihre Anliegen. Konkrete Anfragen beantworten wir gleich. Wenn Sie sich einfach einmal aussprechen möchten, vereinbaren wir einen Rückruftermin.

Häusliche Isolation und Quarantäne sind Ausnahmesituationen, welche die meisten Menschen noch nicht erlebt haben. Diese gesetzten Maßnahmen können auf die Psyche einwirken und für Betroffene sehr belastend sein. Es gibt klare, wissenschaftlich erforschte und bewährte Verhaltensmaßnahmen und mentale Strategien, die es ermöglichen, diese Ausnahmesituation zu meistern.

> Verhaltensmaßnahmen und mentale Strategien für herausfordernde Zeiten

Corona-Virus: Nachrichten-Überblick in leicht verständlicher Sprache

In der Coronavirus – Spezial-Ausgabe von TopEasy – Nachrichten leicht verständlich werden die wichtigsten Fragen zum Corona-Virus und seinen Folgen leicht verständlich und übersichtlich beantwortet.

Quellen: Wiener Krankenanstaltenverbund , Magistratsdirektion, Presse- und Informationsdienst der Stadt Wien

Corona-Virus schwebt über einer Hand vor weißem Hintergrund, Text: Unsere Blog-Beiträge zum Thema Corona, Credit: Canva