Neurofilamente als Bluttest für Nervenzelluntergang in der MS

Das Eiweiß Neurofilament light chain (NFL) wird in Nervenzellen gebildet und bei einer Zellschädigung in die Umgebung freigesetzt. Seit kurzem gilt das Neurofilament als potentieller Biomarker für eine Neurodegeneration.

Mikroskop im Labor, Foto: Yassine Khalfalli, Unsplash

Bei Multipler Sklerose (MS) erlauben klinische Kriterien oft keine zuverlässige Einschätzung der Prognose. Bisher werden bei MS-Betroffenen neben dem klinischen Bild vor allem MRT-Aufnahmen vom Gehirn und Rückenmark zur Diagnose, Risikoeinschätzung und Beurteilung des Therapie-Ansprechens genutzt.

Viel wissenschaftliche Aufmerksamkeit erfährt aktuell jedoch ein bestimmtes Eiweiß mit dem Namen Neurofilament light chain (NFL), welches in Nervenzellen gebildet wird und bei einer Zellschädigung in die Umgebung freigesetzt wird.

Neueste technische Entwicklungen ermöglichen nun in spezialisierten deutschen Zentren die Messung in kleinsten Konzentrationen im Blut. Die Höhe von NFL im Blut spiegelt somit den Grad der MS-Aktivität im Gehirn wieder.

Wichtig ist: Bisher wird NFL in der Praxis nicht standardmäßig bestimmt und nicht jede Klinik hat die notwendige Technik, um eine Bestimmung durchzuführen. Nach Expertenschätzung hat dieser vielversprechende Biomarker jedoch das Potential, in Zukunft für eine personalisierte Medizin der MS, d. h. genaue Abstimmung auf den individuellen Verlauf der Erkrankung, verwendet zu werden.

Originalpublikation

Stefan Bittner, Falk Steffen, Timo Uphaus, Muthuraman Muthuraman, Vinzenz Fleischer, Anke Salmen, Felix Luessi, Achim Berthele, Luisa Klotz, Sven G. Meuth, Antonios Bayas, Friedemann Paul, Hans-Peter Hartung, Ralf Linker, Christoph Heesen, Martin Stangel, Brigitte Wildemann, Florian Then Bergh, Björn Tackenberg, Tania Kuempfel, Frank Weber, Uwe K. Zettl, Ulf Ziemann, Hayrettin Tumani, Sergiu Groppa, Mark Mühlau, Carsten Lukas, Bernhard Hemmer, Heinz Wiendl, Ralf Gold, Frauke Zipp;
Clinical implications of serum neurofilament in newly diagnosed MS patients: A longitudinal multicentre cohort study, EBioMedicine, Volume 56, 2020, 102807, ISSN 2352-3964,

Link: https://doi.org/10.1016/j.ebiom.2020.102807

Kontakt

Prof. Dr. Stefan Bittner
Klinik und Poliklinik für Neurologie der Universitätsmedizin Mainz
Telefon: 06131 17-2805, E-Mail: bittner@uni-mainz.de

Update vom 8. September 2020:

Wir erhalten laufend Anfragen, wo eine entsprechender Test durchgeführt werden kann.
Leider handelt es sich bislang nicht um einen Routinetest. So sind beispielsweise die Werte zwischen Laboren nicht standardisiert. Es besteht auch keine Möglichkeit, die Analyse mit den Krankenkassen abzurechnen. Eine Messung ist aktuell nur im Rahmen von Forschungsprojekten möglich.

In Österreich sind diesbezüglich Forscherinnen und Forscher um Assoz. Prof. Priv.-Doz. Dr. Michael Khalil, PhD von der Klinischen Abteilung für allgemeine Neurologie an der MedUni Graz führend.

Link: www.medunigraz.at/neurology-biomarker